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Rudolf Baumbach (1840-1905)

(Aus den Gedichten. Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart.)

1. Sankt Florian, hilf!

Weil der Huberbauer
Florian sich nennt,
Malt er an die Mauer
Sich ein Haus, das brennt,
Aus des Daches Fuge
Steigt der rote Hahn,
Aber mit dem Kruge
Löscht Sankt Florian.

Als ich heute lenkte
Meinen Schritt vorbei
Und den Filzhut schwenkte
Vor der Schilderei,
Ward ein Fensterladen
Leise aufgetan,
Und ein Bild voll Gnaden
Lächelte mich an.

Aus den Blumentöpfen
Schwankten Nägelein,
Auf zwei blonden Zöpfen
Lag der Sonnenschein.
Von dem Fenstersitze
Bog sich's niederwärts
Zweier Augen Blitze
Sengten mir das Herz.

Und in Wang' und Stirne
Stieg das Blut mir jach,
Feuer im Gehirne,
Feuer unterm Dach!
Über mir zusammen
Loht es himmelan. –
Hilf und lösch die Flammen,
Heil'ger Florian!

2. Der Auerhahn.

Es war einmal ein Auerhahn,
Ein recht verliebter Don Juan.
Kein zweiter in dem Tannenwald
Glich ihm an Kraft und Wohlgestalt,
Und unternehmend war er schier
Wie ein Husarenoffizier,
So daß er von der Hennen Schar
Gefürchtet und vergöttert war. –
Doch einen Fehler hatte er,
Der wurde für ihn folgenschwer.
Er pflegte, ging's zum Stelldichein,
Sein Glück in alle Welt zu schrein,
So wurde es bekannt alsbald
Jedweder Kreatur im Wald.

Einmal, der Morgen graute kaum,
Saß unser Hahn auf seinem Baum
Und schrie und jauchzte fast wie toll,
Daß ringsumher der Wald erscholl.
Im Dickicht aber währenddessen,
Hat still ein Jägersmann gesessen,
Der fand den Hahnen auf der Balz,
Wollt' auf den Schwanz ihm streuen Salz,
Doch weil der Hahn ihm saß zu hoch,
Schoß er ihm durch die Brust ein Loch.
So daß der arme Don Juan
Vom Baume fiel als toter Hahn.

Ein Lehrgedicht muß allemal
Besitzen eine Schlußmoral.
Sie folgt auch diesmal hinterher,
Jedwedem jungen Hahn zur Lehr':
Was dir der Frauen Gunst verschafft,
Ist: Erstens, volle Männerkraft,
Verwogenheit zum zweiten – und
Zum dritten ein verschwiegener Mund.
Wer nicht den Schnabel halten kann,
Der denke an den Auerhahn.

3. Das Stelldichein.

Das ist die richtige Stelle:
Die Linde am Straßenrain
Und drüben die alte Kapelle;
Hier ist das Stelldichein.
Die Sterne am Himmel stehen,
Die Glocke im Dorf schlägt acht,
Von Elsebeth nichts zu sehen. –
Ich hab mirs ja gleich gedacht.

Sie kann sich nicht trennen, ich wette,
Vom Spiegel daheim an der Wand,
Und nestelt an Spange und Kette
Und zupft an Tüchlein und Band.
Am Ende läßt sie mich harren
Die liebe, lange Nacht.
Gewiß, sie hat mich zum Narren. –
Ich hab mirs ja gleich gedacht.

Vielleicht – o du falsche Schlange!
Jetzt wird mirs auf einmal klar.
Warum der Frieder, der lange,
Heut morgen so lustig war.
Der Schrecken lähmt mir die Glieder,
Ich bin betrogen, verlacht,
Die Elsebeth hält's mit dem Frieder.
Ich hab mirs ja gleich gedacht.

Ich hebe zum Schwure die Hände
Zum Sternenhimmel – doch halt,
Was kommt durch das Wiesengelände
Vom Dorf herübergewallt?
Ich sehe zwei niedliche Füße,
Sie nahen sich zaghaft und sacht.
Sie kommt, die Treue, die Süße. –
Ich hab mirs ja gleich gedacht.


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