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Richard Schmidt-Cabanis (1838-1898)

1. Das Hünengrab.

Auf öder Heid' im Pommerland,
Bedeckt vom flücht'gen Dünensand,
Lag still ein Grab und unbekannt.

Nur leise netzt, man merkt es kaum,
Den Hügel Meereswellenschaum:
Nicht Schatten gab ihm je ein Baum.

Ein Wandrer sah's, von Andacht voll,
Und weiß nicht, was er sagen soll,
Bis ihm das Auge überquoll.

Er seufzt – bestrahlt vom Abendrot –
»Der du hier ruhst, hast keine Not;
Und läg' ich hier, so wär ich tot!«

Als er darauf so weiter ging,
Da fand er einen Panzerring,
Woran der Rost ganz sichtbar hing.

Und ungefähr drei Schritte weit
Lag auch ein Schwert, unmenschlich breit;
Weshalb es wohl aus alter Zeit.

Der Wandrer staunt ob diesem Fund,
Und gräbt noch tiefer auf den Grund,
Woselbst ein Aschenkrüglein stund.

Da seiner Freud' er Ausdruck gab:
»Wenn ich nicht etwa unrecht hab',
So ist dies gar ein Hünengrab!«

Er simulierte manches Jahr –
Und endlich ward ihm sonnenklar,
Daß es ein solches wirklich war.

2. Fürbitte,

bei einigen allzuernsten Dichtergrößen und Kritik-Heroen für einen ewig Heiteren eingelegt.

Ihr Herrn mit der gestrengen Miene
Und dem sokratischen Gesicht,
Ich bitte, zürnet drob mir nicht,
Daß ich mich freventlich erkühne,
Zu treten heut vor eure Feme,
Daß ich als Anwalt kräftig nehme
Das Wort für einen armen Wicht;

Für einen lustigen Gesellen,
Dem gleich des Waldes Sängerchor
Aus vollster tiefster Brust hervor
Des freien Liedes Bronnen quellen!
Des Heimat nicht in dunkler Klause,
Der in der weiten Welt zu Hause
Allüberall: – für den Humor!

Sagt an, ihr Herren, stolz und edel,
Ihr besten Stammes beste Zier:
Was tat euch, den ihr machtet schier
Zum literar'schen Aschenbrödel?
Den ihr so wundergern beschimpfet
Beachselzuckt, benaserümpfet –?
Und der unsterblich doch wie ihr!

Nicht lob' ich ihn, euch zu versöhnen;
Doch saget selbst, hat nicht sein Mund,
Von tausend Augen zährenwund,
Sein lächelnder, geküßt die Tränen?
Und macht nicht abertausend Herzen,
Schwer krankend an des Lebens Schmerzen,
Der Balsam seines Hauchs gesund?!

Wenn blinder Wahn und Dummheit woben
Den dichten Schleier ihrer Nacht
Um weite Reiche: treue Wacht
Hielt er am Geisteshimmel droben
Und kündet gleich dem Morgensterne
Der bangen Welt, daß nimmer ferne
Der Aufgang eurer Sonnenpracht!

Ballt dräuend sich die Wetterwolke
Des Pfaffentums: gleich dem Blitz
Hell leuchtend flammte auf der Witz
Und zeigte Weg und Steg dem Volke,
Bis klärend durch die Mißgewalten
Des Ernstes Donnerschläge hallten
Herab von eurem Göttersitz!

Wenn ihr zu heil'gem Freiheitskriege
Auszoget gen Tyrannenwut,
Flog Er in trotzig-keckem Mut
Voran, ein Herold eurer Siege;
Oft brach er Bresche eurem Heere
Und badete der Schergen Speere,
Ein Winkelried, in seinem Blut! –

Und ach! er huldigt nicht verwegnen
Gelüsten; ihr erfüllt sie leicht.
Daß ihr nicht scheu zur Seite weicht,
Wenn eure Pfade sich begegnen,
Ist alles, was er wünscht und bittet:
Daß ihr in eurem Kreis ihn littet
Und ihm die Hand zum Gruße reicht!

Wohlan, ihr Großen, deren Namen
Der Ruhm zu Sternen trägt empor,
Leiht bill'gen Wünschen willig Ohr,
Ob sie aus schlichtem Mund gleich kamen;
Brecht eures Vorurteiles Schranken
Und gönnt im Staate der Gedanken
Sein Bürgerrecht auch dem Humor!


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