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An Richard Dehmel

Sonderburg, 15. 12. 14

Lieber Herr »Vizefeldwebel« Dehmel,

vor Tagen las ich in der Zeitung Ihre Adresse. Ich war so lange ohne Nachricht von Ihnen (nur die Nichte, Fräulein H. schrieb etwas von Ihnen). – Nun kann ich auch etwas schicken. Zwar keinen ewigen Tobak oder Schokolade – mit denen zu Weihnachten die Schützengräben gepflastert werden sollen, sondern »nur Literatur«. Ein Beitrag zur Kriegslyrik-Epidemie. Jedoch, ich glaube, es ist eins meiner besten Gedichte dies hier.

Gestern kamen wir aus Flensburg (wo ich seitdem 20. Oktober als Infanterist [Ersatz] ausgebildet werde) – hier in Massenquartier. Leider habe ich, im Gegensatz zu anderen, ein so mordsmäßiges Loch erwischt, daß man Beten und Fluchen vergißt.

Aber wenn wir dann denken, wie Sie und die andern Brüder es draußen haben – da wollen wir doch lieber den Schnabel halten.

In meinen wenigen freien Stunden arbeite ich noch fleißig. Ich übersetze gerade 3 Aufsätze aus dem Dänischen. Wenn es Sie »interessiert«, würde ich sie Ihnen ganz gern zusenden.

Außerdem schreibe ich noch einen kleinen Aufsatz: »Eine neue Kunstwelt nach dem Kriege?«

Mit den Kriegsgedichten, die ich schrieb, bin ich, ausgenommen dies beiliegende, letzte – gar nicht zufrieden. Ich denke, wir werden so um Neujahr ins Feld kommen. Vorher erhalten wir jedoch wahrscheinlich nochmal Weihnachtsurlaub.

Es grüßt Sie, lieber Herr Dehmel,

Ihr Gerrit Engelke


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