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An Jakob Kneip

Reserve-Stellung bei St. Julien, 16. 5. 15

Mein lieber Jakob, im Gegensatz zu Deinem Italienfieber befinde ich mich nach wie vor in der bestimmtesten Gleichstrom-Stimmung. Ab und zu quälen mich nur, so wie gestern und vorgestern nervöse Kopfschmerzen. Das ist dann alles andere, nur nicht schön.

Italien. – Es ist doch noch immer möglich, daß Italien neutral bleibt, trotzdem es jetzt dort von Militär wimmelt. Du meinst, daß der Krieg um Geld und Gut ginge und noch nicht um den deutschen Geist; daß dieser jetzt im Krieg gegen den alten Vampyr Italien-Rom im Volk und zu einem neuen Christentum erwachen werde.

Meine dichterischen Pläne, an deren Verwirklichung ich so gerne ginge:

1. Der Don Juan muß fertig umgearbeitet werden.

2. Die Autobiographie meiner Jugend in 4 Wandlungen: I. Der Handwerker; II. Die Liebe; III. Der Dichter; IV. Der Krieg. Alles in unpersönlicher Form.

3. Eine große kosmisch-phantastische Dichtung in reimloser, episch-gehobener Rhythmik.

4. Eine faustische Kriegsdichtung; befreit vom Tatsächlichen.

Genug – nicht wahr?

Von meinem dänischen Bekannten Dr. Rønberg erschien ein »Giordano Bruno«, in welchem er die pantheistische Philosophie des Nolaners mit den historischen Begebenheiten in Romanform (umfangreich) zu verschmelzen versucht hat. Er hat gleich nach dem Erscheinen der dänischen Ausgabe von schwedischen und deutschen Verlegern Angebote erhalten. Ich habe mich sehr dazu gefreut.

Wir hatten kürzlich eine ganz gewaltige infernalische Musik: Bombardement der englischen Gräben durch unsere Artillerie, dem unser Nachsturm aus verschiedenen Gründen nicht folgte – jede Sekunde mehrere Schüsse schwerer Sorte; in 4 Stunden etwa 4–5000 Schuß!

Gerrit