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An Jakob Kneip

Teubrielen, Ypern, 15.9.16

Schade, lieber Jakob, daß ich nun wieder nicht auf Urlaub kann; stand auf der Urlaubsliste und sollte fahren – in letzter Minute zugunsten der »Landwirtschaft« umgeändert. Hätte Lersch gern gesehen, und Dich noch mehr. Jetzt wird's Anfang oder Mitte Oktober werden, ehe ich komme. Vielleicht läßt sich unsere Zusammenkunft dann besser vereinbaren.

Ernste Briefe schreibe ich seit langem fast gar nicht mehr; die Nerven wollen's nicht mehr hergeben; hier lebt eigentlich nur der strapazierte Körper. Nur Briefe an gütige weibliche Wesen (von hier aus reiner und schöner denn je gesehen) bedeuten mir eine kleine Erlösung, Auslösung des Gefühls.

Was sagst Du zur veränderten Fassung des »Wo ich gehe«? Hast Du »Betrachtungen« von mir im »März« gelesen? »Niedersachsen« druckte einige, Dir schon bekannte Kriegsgedichte.

Dies Hinleben dieser ungeheuren Spannung des Weltkriegs, dies: Vom-Schicksal-gefaßt-Sein, ohne Gefragt-Sein – ist vielleicht das Größte für mich und manche. Später erst heißt es, sich hinaufzuringen und: arbeiten.

An einer Buchausgabe meiner Gedichte liegt mir sehr, sehr viel! Könnte sie vielleicht noch gegen Ende des Krieges erscheinen? Ich bekäme dann Honorar und könnte eine kleine Zeit nach dem Frieden ganz ausspannen; nötig, damit der Geist wieder allmählich aufatmen kann.

Werfels »Einander« kenne ich nicht. Bin gespannt! Jammes, Claudel (Na?!) kenne ich ungenügend; geht von ihnen nicht ein Geruch von Ästhetentum, Künstlichkeit aus? Überhaupt die ganze Poesie: was soll ich schließlich damit? wenn die erbauende Lektüre eines ernsten Buches unmöglich ist bei dieser bleibenden inneren und äußeren Verfassung!

Schreib bald!

Dein Gt.


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