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An Carl Seelig

Carl Seelig, Schweizer Schriftsteller und Verleger, der mit den »Werkleuten auf Haus Nyland« in Verbindung stand.

3. März 18

Mein lieber Seelig, ich habe mich sehr über Ihren Brief gefreut. Gefreut, weil ich sehe, daß selbst in dieser Zeit der Zersetzung noch Menschen allein aus gutem Herzen zueinanderstreben. Das Gute ist immer in der Welt und jeder Zeit und stirbt nie. Das sei uns immer Trost und Hoffnung für die Zukunft. Denn nach dieser allgemeinen Mörderei muß ein besseres, geeinteres Europa erstehen, wozu wir alle unser Teilchen beitragen wollen. Über die selbstverständliche Verständigung bin ich nicht im Zweifel; rühren sich doch überall die menschlichen Menschen. Mich hat dieser Krieg, in dem ich seit 14 bin, fast stumm gemacht. Ich habe keine »Kriegslyrik« gemacht. Und erst nach dem Kriege, wenn wir wieder aufatmen können nach dem schweren Druck, erhoffe ich, wie für alle anderen, auch für mich neue und vollkommene Blüte.

Ein »berühmter« Mann bin ich freilich noch nicht. Außer »Seh. a. Seh.« ist nur einiges in Zeitungen und Zeitschriften verstreut gedruckt. Meinen Gedichtband »Dampforgel und Singstimme« hat der Verleger Eugen Diederichs, Jena, zum Druck angenommen. Läßt jedoch seit langem nichts darüber verlauten; »aktuell« im gewöhnlichen Sinne ist das Buch ja auch nicht. Gern sende ich Ihnen ein Gedicht. Aber ob Sie's brauchen können?, denn ich habe nichts Zeitgestimmtes da. Habe auch hier in der Kaserne nichts – muß es Ihnen also nachschicken. Augenblicklich bin ich im Ersatz-Bataillon, nachdem ich nach langer Schützengrabenzeit auch endlich ein Eisenstückchen abbekam. Für Ihr Bild schönen Dank; leider kann ich's nicht mit einem Bild von mir vergelten.

Nun vorläufig herzlichst Ihr
Gerrit Engelke

(Dazu Gedicht: »Sonnenlicht«, das später den Titel »In Flut und Licht« erhielt.)


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