Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[37] An Frau von Epinay

(Antwort auf einen falschen, sehr betrübenden Brief)

Neapel, am Tag des heiligen Ludwig

Madame,

ich habe die Woche sehr froh verbracht, weil es mir geglückt ist, meinen Bruder bei Hofe anzubringen, in einem Amt, das ihn in eine sehr hohe Stellung bringen könnte. Ihr Brief vom 3. (wenn es ein Brief ist) hat mich in Trauer versenkt. Sie wollen, ich soll nicht unruhig sein; wie sollte ich es nicht sein bei zweihundert Meilen Entfernung? Wahrhaftig, den abwesenden Freunden sollte es immer gut gehen. Nichts ist so entsetzlich, als acht Tage zu warten; aber ich will mich diesmal auf Sie verlassen und glauben, daß Sie nur noch wieder zu Kräften kommen brauchen. So schicke ich Ihnen, um, was in meinen Kräften steht, zur Wiederherstellung Ihrer Fröhlichkeit beizutragen, meine Wochenarbeit. Ich hatte nichts zu tun, es hat mir Vergnügen gemacht, und ich habe selbst über den Unsinn gelacht, den mein Kopf ausgeheckt hat. Ich hatte Ihnen eine Abhandlung über den »Radau« versprochen; hier den Anfang davon.

Sobald ich höre, daß Sie vollkommen genesen sind, werde ich sie vollenden. Sie werden nichts davon verstehen, wenn Sie nicht das Buch Herr de la Rivières zur Hand nehmen, und damit mein Werkchen vergleichen. Sie werden erstaunt sein über die Genauigkeit der Parodie. Wenn Sie es zweimal nacheinander lesen, so werden Sie bemerken, daß es durchaus kein schlechter Scherz ist, sondern eine gänzliche Widerlegung, weil ich zwar die Dinge bei anderen Namen nenne, aber alle Schlußfolgerungen des Herrn de la Rivière bestehen lasse; und sofort entdeckt man deren Albernheit und Ungereimtheit. Dennoch glaube ich nicht, daß mein Scherz sich zur Veröffentlichung eignet, da das Buch des Herrn de la Rivière höchst unbekannt und ungelesen bleiben wird; so wird niemand lachen. Daher glaube ich, es genügt, Grimm, dem Philosophen, dem guten Baron etc. damit Spaß zu machen. Trotzdem machen Sie bitte damit alles, was Ihnen am ratsamsten erscheinen mag. Wenn Sie es verkaufen, so verkaufen Sie es nur gegen bares Geld. Mit dieser einzigen Beschränkung haben Sie völlig freie Hand.

Ich reiße mir ein Bein aus, um Ihnen in ruhigem und sicherem Ton zu schreiben; aber Ihre Krankheit beunruhigt mich, betrübt mich, quält mich. Was für Mühe, zum Teufel, hätte es Grimm gekostet, mir über Ihren Zustand zu schreiben? Warum läßt der Schelm Gatti nichts von sich hören? Denen bin ich jetzt böse.

Ich schreibe Ihnen mit der Post, weil der Brief so dick ist. Nicolai wird Sie von dieser Sendung benachrichtigen. Schicken Sie mir schnell auf meine Kosten einen Eilboten, und sagen Sie mir, daß es Ihnen gut geht, so gut wie dem Pont-Neuf, trotz dem Durchfall des Seinewassers, das alle Tage unter ihm wegläuft. Leben Sie wohl. Behalten Sie mich lieb. Seien Sie nicht mehr krank. Ich bin ein verlorener Mensch, wenn ich Sie nicht mehr habe.


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