Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[156] An Frau von Epinay

Neapel, den 16. September 1775

Es ist wahr, unser Briefwechsel hat, der Zeit nach, seit drei oder vier Monaten viele Störungen erlitten; aber ich liebe Sie stets nach allen Regeln. Wenn ich abwesend bin, ist es weder meine Schuld, noch die meines Herzens; aber warum kommen Sie, die Sie Früchte essen sollen, nicht nach Neapel, in das Land der Früchte. Ich verspreche Ihnen für Weihnachten vortreffliche Feigen und Melonen. Kommen Sie, Sie werden bei mir wohnen und, wenn Sie wollen, nur mich zu Gesicht bekommen, und ich werde nur mit Ihnen während Ihres Aufenthaltes verkehren. Wenn der Baron sich weder beim Mittag- noch beim Abendessen zeigt und Sie ihn nicht beim Schlafengehen stören wollen, so könnte man ihn wenigstens zwingen, in der Morgenfrühe zu empfangen. Die Barone des heiligen römischen Reiches sind eine Art Souverän: ihr Morgenempfang könnte majestätisch sein.

Da ich Ihnen nichts mitzuteilen habe, will ich Ihnen von meiner komischen Oper erzählen: sie ist eine Nachahmung Don Quixotes. Wir nehmen an, ein guter Provinzspießbürger habe es sich in den Kopf gesetzt, die antike Philosophie, die antike Musik, die Wettkämpfe usw. wiederherzustellen. Er hält sich für Sokrates: seinen Barbier hat er zu seinem Plato ernannt (er ist sein Sanchozänkisch und prügelt ihn, also eine Xantippe. Er geht in seinen Garten, um da seinen Dämon zu befragen; endlich gibt man ihm einen Schlaftrunk, indem man ihm den Wahn beibringt, dies sei der Schirlingsbecher, und wenn er aufwacht, ist er, dank dem Opium, von seiner Verrücktheit geheilt. Der Stoff wäre eines kleinen, recht heiteren Romans würdig, und er ist, meiner Meinung nach, der einzige, der ebenso originell als Don Quixote und nach dem Geschmack unseres Jahrhunderts wäre. Wenn das Stück gedruckt ist, werde ich es Caraccioli schicken, und wenn er sich die Mühe geben will, Ihnen die Wendungen und neapolitanischen Witze zu erklären, mögen Sie lachen.

Der Erfolg Ihrer Heiraten freut mich unendlich; die meinigen waren nicht ganz so glücklich: meine älteste Nichte ist in die Hände gewisser Betbrüder geraten, die übrigens brave Leute sind; ich habe an ihnen gar nichts, aber sie belästigen mich wenigstens nicht. Die jüngste aber hat einen infamen Charakter entwickelt und ist in die Hände eines noch infameren Menschen geraten; aber sobald sie ihre Mitgift haben, werde ich Ruhe bekommen.

Haben Sie mich lieb; lassen Sie sich's gut gehen. Leben Sie wohl.


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