Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[134] An Frau von Epinay

Neapel, den 2. Oktober 1773

Da Sie den Brantôme haben, schöne Frau, so teile ich Ihnen hierdurch mit, worum es sich handelt: ich besitze eine große Kuriosität, nämlich das Schwert des Herzogs von Valentinois, des Cesare Borgia, Sohnes des Papstes Alexanders VI., das er eigens mit Emblemen versehen ließ, die auf seine künftige Größe und auf seinen Ehrgeiz Bezug haben. Es ist überflüssig, Ihnen zu erzählen, wie; und auf welchen Umwegen dieses Schwert in meine Hände geraten ist. Ich wollte damit dem Papst ein wertvolles Geschenk machen und nach meiner Gewohnheit dieses mit einer gelehrten Abhandlung begleiten, worin die Embleme erläutert werden sollten.

Ich nahm die Feder in die Hand und begann meine Schrift mit den Worten: Cesare Borgia wurde geboren ... und da bin ich stecken geblieben; denn niemals, auf keine Weise war es mir möglich, in meiner Bibliothek oder in denen meiner Freunde ausfindig zu machen, in welchem Jahr der Bursche geboren wurde. Ich wollte meine Arbeit fortsetzen und ich konnte nicht genau den Namen seiner Mutter angeben; denn ihr Spitzname war Vanozza, aber ihren Namen kenne ich nicht. Ich wollte seine Brüder nennen und konnte niemals herausbringen, ob sie drei oder vier waren. Ich kenne drei: den Herzog von Gandia, ihn und den Fürsten Squillace; aber die Historiker erwähnen noch einen vierten, namens Don Giovanni, der jedoch in der Geschichte gar nicht hervortritt. Kurz, ich habe ebensowenig herausbekommen können, mit wem der Herzog von Gandia verheiratet war, ob er Kinder hinterließ und wer nach seiner Ermordung seinen Titel erbte.

Unsere italienischen Schriftsteller habe ich alle durchgearbeitet; aber es fehlen mir hier die französischen und noch mehr die spanischen Autoren. Sehen Sie doch mal zu, ob Sie nicht mit Hilfe des Chevaliers Magallon mir diese verzwickte Geschichte in Ordnung bringen können. Er wird bei den Spaniern nachsehen, Sie bei den Franzosen. Brantôme bringt eine Lebensbeschreibung des Burschen in seinen Denkwürdigkeiten berühmter ausländischer Feldherren. Er bespricht Cesares Ankunft in Frankreich, wie er sich mit dem Hause Albret verschwägerte. Sie könnten etwas bei den Historikern finden, die die Geschichte dieses Hauses behandeln. Vor allen Dingen studieren Sie die Genealogen und lassen Sie die Geschichtsschreiber beiseite; denn bei den alten Geschichtsschreibern fehlen Daten und Einzelheiten. Beschäftigen Sie sich nur mit den ganz alten und beinahe gleichzeitigen Autoren. Um die modernen, selbst Bayle, Marina usw., kümmern Sie sich gar nicht; denn diese haben weiter nichts getan, als gegenseitig ihre Fehler voneinander abgeschrieben. Sie sehen, wie wichtig mein Anliegen ist. Also bitte, beschäftigen Sie sich damit...


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