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Ein Brief aus Afrika. Wann ist er aufgegeben?! Am 20. Juli. Wann ist er angekommen?! Am 26. August. Die Tränen der Absender sind bereits versiegt, während die der Empfänger fließen. Monambôs Bruder ist gestorben, 14 Jahre alt. »Er war so groß wie Tíoko – – –«, sagt Monambô, »und ebenso schön.«
The big Akolé sitzt bei ihrem Verkaufstische, zählt Geld. Die Tränen rinnen über ihr edles Gesicht.
»Il me semble, qu'elle est encore plus noire aujourd'hui«, sagt die französische Sekretärstochter und küßt sie.
»War er verwandt mit ihr?!« frage ich den Häuptling auf englisch.
»Wir weinen um alle«, sagte der Häuptling, »so sind die ›Black-men‹. Wenn ich in Afrika sein werde, werde ich um dich weinen, Sir.«
Akóshia sitzt auf dem Tanzplatze, macht Musik mit eisernen Kastagnetten; die Tränen rinnen über ihr edles Antlitz.
Tíoko sitzt vor ihrer Hütte, singt leise vor sich hin und weint. Wie Harfenbegleitung zu Tränen. Wie Psalmen.
Monambô weint nicht.
»Du bist nicht traurig, Monambô?!«
»Sir, ich bin in der Fremde. Ich werde weinen, bis ich in Afrika bin – – –.«
»Diese allgemeine Trauer ist doch ein bißchen unverständlich«, sagt die junge Sekretärstochter zaghaft zu mir.
»Glauben Sie es doch nicht, daß es dieser junge Mensch ist, um welchen sich diese edlen sanften Geschöpfe grämen. Sie weinen um Afrika, c'est le mal du pays, diese zarteste Krankheit unserer Seele, welche zum Vorschein kommt. Wie wenn ein kleines Mädchen eine neue Bonne bekäme. ›Merkwürdig‹, sagen die besorgten Eltern, ›wirklich, niemand hätte es gedacht, unser Schatz ist ganz freundlich mit ihr; wie alte Bekannte. Alles geht gut, sie vertragen sich, das Fräulein ist aber auch so lieb mit ihr, sie hat keine leichte Position.‹ Plötzlich aber ein unscheinbares Wort der Bonne, eine Gebärde. Das Kind bricht in heiße Tränen aus. Ist es das Wort, diese Gebärde?! Keineswegs. Sie schluchzt um ihre alte Kinderfrau – – –.«
Neun Uhr abends. Die Tränen sind versiegt. Der Mond macht die Birken im Garten glitzern. Still sind die afrikanischen Hütten. Tíokos Hütte ist finster. Monambô ruft mich. Ich trete in die Hütte. Auf dem Boden liegen Monambô, Akolé, die Wunderbare, und Akóshia. Kein Polster, keine Decke. Die idealen Oberkörper sind nackt. Es duftet nach edlen reinen jungen Leibern. Ich berühre leise die wunderbare Akolé.
»Go to Tíoko«, sagt sie sanft, »du liebst sie.«
Monambô, welche die Traurigkeit für Afrika aufspart, sagt: »Sir, morgen bringst du uns einen piss-pot; es ist zu kalt, um in der Nacht aus der Hütte zu treten. Er muß außen blau und innen weiß sein. Was er kostet, werden wir drei zusammen bezahlen. Freilich, Tíoko würdest du einen schenken! Was wird er kosten?!«
»Monambô, niemals habe ich noch einen piss-pot besorgt. Ich kenne die Preise nicht. Zwischen 50 Kreuzer und 500 Gulden. Königinnen benützen goldene.«
»Sir, es war heute ein trauriger Tag. Gute Nacht. Du liebst Tíoko. Der piss-pot muß außen blau und innen weiß sein. Bringe ihn bestimmt, to-morrow. Man kann in diesen Nächten nicht aus der Hütte treten, verstehst du?!«
Ich küßte den drei Mädchen auf ihren harten Lagern die Hände. Akolé war zu schön! Ich kniete mich nieder, küßte sie auf die Stirn, die Augen, den Mund – –.
»Go to Tíoko – – –«, sagte sie sanft.
Monambô, Akóshia verkrochen sich in ihren Kattunen.
Als ich aus der Hütte trat, waren die Birken grau im Frühlichte und wie eins mit der nebeligen Luft, welche nach feuchter Frische duftete – – –.