Peter Altenberg
Prosaskizzen
Peter Altenberg

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So sollte es immer sein

(in "Neues Altes", Berlin 1911)

Ein Herr trat auf mich zu im Café und sagte: »Ich bin ein fanatischer Verehrer von Ihnen.«

»Bitte sehr«, sagte ich. »Da werden Sie vielleicht gern einen edlen Champagner zahlen?!?«

»Mit allergrößter Freude.«

Wir tranken drei Flaschen G. und H. Mumm, extra dry, süß.

Es wurde sieben Uhr morgens. Ich ging ins Zentralbad, 27 Grad, Porzellanwanne. In der Kassa saß eine junge Dame mit edelzarten Händen. Ich sagte ihr mit meinen Augen: »Süßeste Kassierin –« Und: »Man sollte dich miterstehen dürfen – – –.«

Dann frühstückte ich in einer Charcüterie: kalten geräucherten Stör aus der Wolga, das Deka 12 Heller. Crevettes aus Ostende. Grüne große Oliven aus Spanien, zehn Stück 60 Heller. Prager Schinken, das Deka 6 Heller, 90 Heller. Zwei Bananen, goldgelb-schwarz gefleckt, aus Afrika, das Stück 30 Heller, 60 Heller.

Dann kaufte ich mir eine blaue phototypierte Ansichtskarte: »Weg, am See entlang.« In einer Winterlandschaft.

Ich dachte sie mir eingerahmt in einem fünf Zentimeter breiten Eschenholzrahmen.

Ich kam infolge dieser Träumereien um halb zehn Uhr morgens nach Hause. Da sagte das junge Hausmeistermädchen, die mich zum Aufzuge führte, zu mir: »Herr Altenberg haben gewiß wieder heute nacht umgeschmissen – – –.«

»Jawohl«, sagte ich, »die Weltordnung der Philister!«

Sie dachte: »Nun, er hat 40 Heller bezahlt für den Aufzug, obzwar es im Zins bereits schon miteingerechnet ist – – –.«

 


 


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