Peter Altenberg
Prosaskizzen
Peter Altenberg

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Das Waldhotel

(in "Vita ipsa", Berlin 1918)

Ich versäumte abends den Zug nach Wien. Der Oberkellner in dem »Waldhotel« hatte nämlich den letzten Zug selbstverständlich falsch angegeben. »Ja, haben Sie denn keinen Lokalfahrplan?!« »Gewiß, mein Herr, war' net schlecht, haben tu' ich ihn, aber ich hab' ihn verlegt.« Ich nahm daher ein Zimmer für drei Kronen inklusive. Als ich um elf hineinkam, war weder elektrisches Licht vorhanden, noch Gas, noch eine Kerze. Endlich kam der Lohndiener. »Was is, was is?!« »Es is – – – finster!« »No, dös wer'n mer gleich haben!« Und brachte ein Kerzenstumpferl. »Bis Ihna ins Bett legen und a Zigaretterl ausrauchen, wird's reichen!« Ich habe zwar eine andere Lebenseinteilung, aber immerhin, er brachte mich auf eine gute Idee. Von Schlafen keine Rede. Die Decke, aber wen interessiert in der ganzen Welt meine Decke?! Morgens um sechs dachte ich: Hast Du schon nicht gut geschlafen, so willst Du wenigstens für Deine 3 Kronen inklusive Dich ein bißchen waschen, das erfrischt die Nerven. Keine Handtücher. Das Stubenmädchen kam endlich: »Was gibt's, was gibt's?!« »Es gibt – – – keine Handtücher!« »Dös wer'n mer gleich haben, der Herr sollt' überhaupt noch ein wengerl schlafen!« Diesmal blieb ich stark und folgte nicht. Beim Abschied sagte der Trinkgeld-Chorus: »Beehren uns der Herr bald wieder!« »Ganz meinerseits!« erwiderte ich frech, und verließ das »Waldhotel«. Im Wald, im Wald, da gibt's halt ka Sünd' – – –.

 


 


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