Peter Altenberg
Prosaskizzen
Peter Altenberg

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Tramway-Szene zehn Uhr nachts Baden – Wien

(in "Nachfechsung", Berlin 1916)

Ich sagte leise zu meiner zarten, müden Freundin: »Weshalb wir hier in diesem kleinen ›Tribus-Winkel‹ so lange halten müssen, niemand steigt aus, niemand steigt ein?!«

Sie sagte leise: »Es wird schon einen Grund haben, Peterl! Reg dich nicht auf!«

Plötzlich riß der alte, rote, dicke Herr neben Paula die Türe auf. »Sie, Kondukteur, warum fahren wir denn nicht weiter, Kruzifix noch einmal?!«

»Weil wir noch warten müssen!«

»Auf wen, auf was?! Bis Ihna ausdischkuriert haben mit dem Herrn Stationsscheff?!«

»Solche Bemerkungen verbiete ich Ihnen, ich bin Kondukteur des Fahrwagens und Sie sind nur der Passagier!«

»Was, ich bin nur ein Passagier, ich bin ein Mensch, der sich nichts Unrechtes gefallen laßt, merken Sie sich das, Sie Trottel!«

»Meine Herren, ich bitte um Zeugenschaft, Trottel hat er zu mir gesagt!«

»Ah, da schaust' her, jetzt darf man sich nicht einmal mehr erkundigen, warum ein Zug so lang steht?!«

Paula sagte leise zu mir: »Peterl, reg dich nur nicht auf über die ganze Szene, es kommt zu nichts!«

Ich sagte: »Selbstverständlich, Worte ›erlösen‹! Nur wer verstummt, sticht eventuell zu!«

 


 


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