Peter Altenberg
Prosaskizzen
Peter Altenberg

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Moderne Hotelleitung

(in "Vita ipsa", Berlin 1918)

Das Haupt-Gesetz: Der Gast hat immer recht, Du aber, Hotelier, Gasthausbesitzer, Cafetier etc. etc. etc., hast immer unrecht!

»Wieso?! Auch wenn ich im Rechte bin?!«

Dann erst recht!

Denn die Nerven, die Stimmung Deines Gastes, mein Lieber, sind das einzig Wichtige für Dich, um aus ihm das richtige Geld herauszubekommen! Der Rechtsstandpunkt ist zwar ideal, aber im Hotel-Leben spielt er eine untergeordnete, ja häufig sogar eine schädliche, das heißt Geld verhindernde Rolle! Zum Beispiel, ein Fall aus meinen hundert Erlebnissen: Frau von S., die keinen Hut unter 150 Kronen (er ist ebenso abscheulich wie überzahlt) trägt, sagte mir abends im Hotel P. auf dem S.: »Ist es möglich, zu einem ›Giardinetto‹, das 3 Kronen kostet, gibt man mir 5 Haselnüsse?! Mir, die Haselnüsse leidenschaftlich gern ißt?! Haselnüsse wachsen von selbst an den Sträuchern, man pflückt sie auf dem Spaziergang, wenn man sich die Mühe nimmt, sie sind Gemeingut!«

Ich berichtete das der Wirtin, da ich deren wundervolles Töchterchen tiefst verehrte. Sie sagte: »Da kann man nichts machen. Das hat schon mein seliger Vater so eingeführt. Die Frau von S. und Sie können sich auf den Kopf stellen, es gehören zu einer Portion nur 5 Haselnüsse.« Frau von S. stellte sich nicht auf den Kopf, Gott sei Dank, aber sie verließ am nächsten Morgen grollend das Hotel. Ich berechnete in meinem Zimmerchen:

25 Haselnüsse eventuell mehr: 10 Heller.

Ein Gast mit Logis, Essen, Trinken für 6 Wochen weniger: 800 Kronen.

Abreden von Bekannten, ja nicht in dieses Hotel zu ziehen: 2000 Kronen.

Effektiver Verlust: 2799 Kronen 90 Heller.

Die Rechnung stimmt!

 


 


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