Peter Altenberg
Prosaskizzen
Peter Altenberg

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Über Schreibfedern

(in "Pròdromos", Berlin 1906)

Jeder Kultur-Mensch müßte eine Schreibfeder haben, die irgendwie mit seiner Persönlichkeit zusammenhinge! Man müßte es sich einfach nicht recht vorstellen können, wie er mit einer anderen schreiben könnte. Jede andere müßte für ihn direkt eine Gedanken- Hemmerin, eine Empfindungs- Zurückdrängerin sein! Während die ihm zugehörige Schreibfeder gleichsam von selbst Geist und Seele zu Papier brächte, in Schrift umsetzte!

Meine Feder ist die blaue Stahlfeder Kuhn 201. Wie eine Cremoneser Geige, wird sie durch Benützung immer sanfter und besser. Oft scheint sie fast dem sogenannten »Gedankenfluge« vorauszueilen. Jedesfalls überlasse ich mich ihr, als einer sicheren edlen Führerin.

Ein ausländischer Psychologe schrieb mir vor zwei Jahren: »Ich brauche es für ein grundlegendes Werk – – – was wissen Sie mir über die Art Ihrer Produktion Wichtiges mitzuteilen?!?«

Ich erwiderte sofort: «Blaue Stahlfeder Kuhn 201, Papier–Groß–Quart–Format, starke Pappendeckel-Unterlage, um, im Bette liegend, schreiben zu können. Seelenruhe und etwas Geld. Alles andere nebensächlich!«

Wenn mir eine junge Dame sagt: »Ich schreibe alles nur mit der Feder so und so«, wird sie mir bereits dadurch innerlich nähergerückt. Wenn eine ältere Dame es sagt, halte ich es für eine Schrulle.

Keine bestimmte Schreibfeder zu benützen, ist ein Zeichen von »mangelnder Individualität« würde ein Moderner dekretieren.

Ich aber sage nur sanft und bescheiden: Blaue Stahlfeder Kuhn 201, sei bedankt!

 


 


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