Ludwig Preller
Römische Mythologie
InhaltInhalt
- von
- 1. Die Religion der Römer neigte mehr zum Cultus als zur Mythologie.
- 2. Es fehlte an einem nationalen Epos.
- 3. Die stammverwandten Völker des alten Italiens.
- 4. Latium und die Latiner.
- 5. Die Etrusker und die Griechen.
- 6. Die Epochen der römischen Religionsgeschichte.
- 7. Die Quellen.
- 8. Die römische Mythologie seit Niebuhr.
- Kapitel 10
- 1. Die Götter.
- 2. Die Genien, Laren, Penaten, Manen.
- 3. Die Semonen und Indigeten.
- 4. Dienende Gottheiten.
- Kapitel 15
- 1. Die Periode des Faunus.
- 2. Der Gottesdienst des Numa.
- 3. Die Neuerungen der Tarquinier und ihre Folgen.
- Anhang. Der Kalender.
- Kapitel 20
- 1. Janus.
- 2. Jupiter.
- Anhang.
- b. Diespiter und das Institut der Fetialen.
- c. Fides.
- d. Terminus.
- e. Der Nagel in der cella Iovis.
- f. Iuventas.
- g: Diiovis und Veiovis.
- h. Iupiter Anxur.
- i. Apollo Soranus.
- 3. Juno.
- 4. Minerva.
- 5. Apollo.
- 6. Diana.
- 7. Mater Matuta.
- 8. Sol.
- 9. Luna und die Gestirne.
- 10. Winde und Stürme.
- Kapitel 40
- 1. Mars.
- 2. Quirinus.
- 3. Picus und Picumnus und Pilumnus.
- 4. Faunus und Fauna.
- 5. Silvanus.
- 6. Maia und Bona Dea.
- 7. Carmenta oder Carmentis.
- 8. Vitula oder Vitellia.
- 9. Vacuna
- 10. Angitia, Circe, Marica.
- 11. Pales.
- 12. Ruminus und Rumina.
- Anhang
- Kapitel 54
- 1. Feronia,
- 2. Flora.
- 3. Venus.
- 4. Priapus.
- 5. Vertumnus und Pomona.
- Kapitel 60
- 1. Tellumo, Tellus, Ceres.
- 2. Agrarische Feste.
- 3. Saturnus und Ops.
- 4. Consus.
- 5. Acca Larentia und Dea Dia.
- 6. Angerona.
- 7. Ceres, Liber, Libera.
- 8. Die Große Mutter vom Ida.
- Kapitel 69
- 1. Die Unterwelt und ihre Götter.
- 2. Die Devotion.
- 3. Die Ludi Tarentini und Seculares.
- 4. Die ludi Taurii.
- 5. Bestattungsgebräuche und Todtenfeier.
- 6. Der Cultus der Laren.
- 7. Die Larven und Lemuren.
- Kapitel 77
- 1. Neptunus.
- 2. Die Quellen und Flüsse.
- Kapitel 80
- 1. Volcanus.
- 2. Vesta und die Penaten.
- Kapitel 83
- 1. Fortuna.
- 2. Der Cultus der Genien.
- 3. Die Götter der Indigitamenta.
- 4. Andre Gotter und Personificationen des praktischen Lebens.
- a. Handel und Wandel.
- b. Heilgötter.
- Kapitel 90
- Kapitel 91
- Kapitel 92
- Kapitel 93
- c. Sieges-, Kriegs- und Friedensgötter.
- Kapitel 95
- Kapitel 96
- Kapitel 97
- Kapitel 98
- d. Freiheits-, Glücks- und Segensgötter.
- Kapitel 100
- Kapitel 101
- Kapitel 102
- Kapitel 103
- Kapitel 104
- Kapitel 105
- Kapitel 106
- Kapitel 107
- Kapitel 108
- Kapitel 109
- Kapitel 110
- Kapitel 111
- 1. Semo Sancus oder Dius Fidius.
- 2. Sabinische Sagentrümmer.
- 3. Hercules.
- 4. Castor und Pollux.
- 5. Diomedes, Ulysses, Telephus.
- 6. Aeneas. Antenor.
- 7. Sagentrümmer von Alba Longa und den übrigen Latinern.
- 8. Die Ursprünge Roms.
- 9. Dea Roma.
- Kapitel 121
- 1. Symptome des Verfalls der älteren römischen Staatsreligion.
- b. Die apokryphischen Bücher des Numa im J. 181 v. Chr.
- 2. Aegyptische Sacra.
- 3. Neue Sacra aus Phrygien und Cappadocien.
- b. Die Märzfeier der Magna Mater und des Attis.
- c. Die Weihe der Taurobolien und Kriobolien.
- 4. Syrische und Punische Gottesdienste.
- a. Dea Syria
- b. Maiuma
- c. Deus Sol Elagabal
- d. Iupiter O. M. Heliopolitanus.
- e. Iupiter O. M. Dolichenus
- f. Iuno Caelestis
- 5. Sol Invictus und die persischen Mithrasmysterien.
- 6. Astrologie und Magie.
- 7. Der Kaisercultus.
- Anhang.
- Register.
Ludwig Preller
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Vierter Abschnitt.
Mars und sein Kreis.
Diese Göttergruppe ist in gewisser Hinsicht die interessanteste, weil sie uns nehmlich den tiefsten Blick in das alte nationale Leben der Bevölkerung von Italien thun läßt und von fremden Zuthaten am wenigsten berührt ist. Es ist das centrale Land der Berge und Wälder, auf die wir durch sie zurückgewiesen werden, das Land der Viehzucht und des nomadisirenden Hirtenlebens, die Zeit der ersten Ansiedelung und der kriegerischen Ausbreitung und Eroberung. Zugleich zeigt sich in allen Gottesdiensten dieser Gruppe eine eigenthümliche Verschmelzung von Naturbegeisterung und den Stimmungen des ältesten Volksthums, wie sie das früheste Stadium der Religionen des vorchristlichen Alterthums überhaupt characterisirt. Mars ist der Mittelpunkt und das Haupt des ganzen Kreises, der Gott eines mächtigen und männlichen Naturtriebes, wie er sich vorzüglich im Frühlinge offenbart, und der Gott der kriegerischen Begeisterung schlechthin, der sowohl die alten Umbrer und Sabiner sammt ihren jüngern Stammgenossen als die Latiner und Römer zum Siege führte. Neben ihm stellt sich im Picus, im Faunus, im Silvanus zugleich die Dämonologie des Waldlebens und das Element der natürlichen Inspiration und der ersten Ansiedelung dar, in einer Reihe von weiblichen Gottheiten, welche neben diesen männlichen Göttern verehrt wurden oder dem Wesen nach zu ihnen gehören, derselbe Liebes- und Befruchtungstrieb auf der einen und dieselbe weissagerische und kriegerische Naturbegeisterung auf der andern Seite. Endlich im Pales, dem männlichen und der weiblichen, kommen noch einmal die Stimmungen und Traditionen jenes altitalischen Hirtenlebens, des zu allen Zeiten in dieser Halbinsel weit verbreiteten, zu Tage. Noch eine Eigenthümlichkeit aller dieser Götter und Gottesdienste ist die, daß sich in ihnen eine gewisse Praxis der religiösen Sühne und Weihe ausgebildet hatte, welche bei sehr verschiedenen Gelegenheiten zur Uebung kam und wohl in dem Umstande seine Erklärung findet, daß alle Götter dieses Kreises als Frühlingsgötter und Götter der Befruchtung zugleich solche sind welche den Winter, den Tod und andre im Gedanken sich von selbst anschließende Schrecknisse austreiben und sowohl die Natur als das menschliche Gemüth davon zu befreien die Macht haben. Ein Ideenzusammenhang welcher auch in andern Naturreligionen gewöhnlich ist und in diesem Kreise, namentlich in der Religion des Mars, des Faunus Lupercus, der Pales, in verschiedenen eben so alterthümlichen als eigenthümlichen Gebräuchen sich ausdrückt.
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