Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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Sechster Abschnitt.
Gottheiten der Erde und des Ackerbaus.

Die Vorstellungen, welche sich dem alten Italien aus der religiösen Verehrung des Erdbodens und der Erdgötter ergaben, sind im Allgemeinen dieselben wie die der Griechen von den chthonischen Göttern. Es ist der Segen der Erndte und das Empfängniß der Saat, wofür man diesen Göttern dankte, das Glück der agrarischen Cultur, welche Vorstellung sich im Dienste des Saturnus und der Ops zu dem sehr bestimmt ausgeführten Bilde einer seligen Urzeit verklärt hatte; endlich begegnen uns auch hier jene aus höherer Ahndung und gewöhnlichem Aberglauben gemischten Vorstellungen von der Unterwelt und einem Leben nach dem Tode. Durchweg sind diese Götter männliche und weibliche, z. B. Tellumo und Tellus, Saturnus und Ops, Dis Pater und die Mater Larum u. s. w., weil, wie Varro bei Augustin C. D. VII, 23 erklärt, die Erde die doppelte Natur einer männlichen Zeugungskraft und einer weiblichen Kraft des Empfängnisses und der Ernährung in sich vereinigt. Die Namen und Culte der einzelnen Götter gehen zum Theil ziemlich weit aus einander, was uns nicht irren darf, da sich gewisse Grundzüge bei allen wiederholen. Der Einfluß des griechischen Wesens ist wieder recht stark, da der Dienst der Demeter und Persephone im Vereine mit dem des Dionysos von Campanien und dem griechischen Italien her frühzeitig eingedrungen war und auch die Vorstellungen von der Unterwelt sich sichtlich unter dem Einflusse griechischer und etruskischer Vorbilder entwickelt haben. Nichts desto weniger läßt sich auch hier die ältere und italische Grundlage wohl erkennen, zumal wenn man von den 402 einfacheren und ländlichen Formen des Gottesdienstes allmälich zu den complicirteren des städtischen Lebens fortschreitet. Zur Erleichterung der Uebersicht handeln wir zuerst von den Göttern der Erde und des Ackerbaus, mit Einschluß des phrygischen Dienstes der Großen Mutter, welcher zugleich der am spätesten in Rom eingeführte und in diesem Kreise der fremdartigste ist. Darauf in einem besondern Abschnitte von den Gottheiten und solchen Religionsgebräuchen, an denen sich die Vorstellungen von der Unterwelt und dem Schicksale der Verstorbenen entwickelt haben.


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