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war eine bei den Sabinern viel verehrte Göttin, deren angesehenstes Heiligthum ein Hain in der fruchtbaren Ebne von Reate in 360 der Nähe der Einmündung des Flusses Avens (jetzt Velino) in den Veliner See warPlin. H. N. III, 12, 17, welche Stelle so zu lesen ist: Sabini – Velinos accolunt lacus roscidis collibus. Nar amnis exhaurit illos, sulphureis aquis Tiberim ex his petens, replet e monte Fiscello Avens iuxta Vacunae nemora et Reate in eosdem conditus. Der Hain lag vermuthlich bei Piè di Luco über dem See. S. meinen Aufsatz in den Leipz. Berichten 1855 S. 191 ff.. Ein andres lag auf einem Hügel über dem Thale der Digentia (jetzt Licenza) nicht weit von dem sabinischen Landgute des Horaz, welcher deshalb Ep. 1, 10, 49 schreibt: Haec tibi dictabam post fanum putre Vacunae. Die alten Ausleger zu dieser Stelle theilen aus dem Werke Varros einiges Nähere über diese Göttin mit. Man verglich sie mit der Bellona, der Diana, der Ceres, der Venus, der Victoria, der Minerva, so wenig wollte sich diese Gestalt auf einen der geläufigen mythologischen Begriffe zurückführen lassen. Doch sieht man aus diesen Umschreibungen, daß sie zugleich den friedlichen Character einer mütterlichen Göttin der Flur hatte, welche wie Venus aus dem Feuchten schuf und wie Ceres den Acker mit Korn segnete, und den einer Göttin des Waldes, der Jagd, der kriegerischen Begeisterung und des Sieges. Namentlich muß der Character einer Siegesgöttin zu ihrem Wesen gehört haben, da der aus der Gegend von Reate gebürtige Kaiser Vespasian das von Horaz erwähnte Heiligthum unter dem Namen eines Tempels der Victoria von neuem erbaut hat, s. den Dedicationstitel bei Or. n. 1868. Als Mittelpunkt alter sabinischer Gemeindeversammlungen und nationaler Opfer und Opferschmäuse erscheint sie bei Ovid. F. V, 299, welche Stelle man am besten auf das Heiligthum bei Reate beziehen wird. Varro verglich sie mit der Minerva, indem er den Namen von vacare ableitete, als ob sie zugleich eine Göttin der kriegerischen Erregung und des stillen Fleißes gewesen seiAcron z. Virg. l. c. Sed Varro in primo rerum divinarum Victoriam ait et ea maxime hi gaudent, qui sapientiae vacant. Der Comm. Cruq. schreibt f. Victoriam Minervam, vgl. Merkel Ovid Fast. p. CX. Die Erklärung Varros bestimmte die späteren Dichter., welche Erklärung sich doch mit dem Leben und den Sitten der alten Sabiner schwerlich verträgt. Eher möchte man im Hinblick auf die Natur der Landschaft von Reate den Namen von vacuo in dem Sinne von ausleeren ableiten, denn jene Landschaft leidet an Ueberfülle des Wassers, welche früher durch einen natürlichen, später durch einen künstlichen Abzug in den Nar und durch diesen in den Tiber abgeleitet wurdeVgl. Varro b. Serv. A. VII, 712, Cic. ad Att. IV, 15, 5, pro Scauro fr. XII, 27 nuper quum Reatini – me suam publicam causam de Velini fluminibus et cuniculis apud hos consules agere voluissent, wo die flumina Velini die Zuflüsse zum Velinus sind, cuniculi die Abzüge, Tacit. Ann. 1, 79.: 361 in welchem Falle sie als mütterliche Culturgöttin jenes Thals für die Urheberin jenes natürlichen Emissärs gehalten worden wäre, welcher das Thal wie die Katabothren des kopaischen Sees das Thal von Orchomenos und Hyle ausleerte und dadurch erst seine Cultur möglich machte; es sei denn daß in den italischen Dialecten ein passenderes Etymon gefunden würde. Dieselbe Göttin läßt sich übrigens als sabinische Victoria noch einmal in derselben Gegend nachweisen, auf einer Insel im See von Cutilia, welcher für den Nabel d. h. für den Mittelpunkt Italiens galt und als Sitz der latinischen Aboriginer sowie wegen seiner schwimmenden Insel, später auch wegen seiner kalten Bäder berühmt warPlin. H. N. II, 95, III, 12, XXXI, 2, 6, Seneca Qu. Nat. III, 25, 6, Macrob. S. I, 7, 29.. Einen größeren Auszug aus den Mittheilungen Varros über diesen merkwürdigen See und seinen Gottesdienst verdanken wir dem Dionysius v. Hal. 1, 15. Derselbe habe einen Umfang von vier Jugera, reichliche Quellen und eine unergründliche Tiefe. Der ganze See sei der Victoria geweiht und deshalb in seinem ganzen Umfange mit heiligen Binden und Gewinden umzogenVgl. Prop. IV, 9, 24 ff., von dem Haine der Bona Dea in Rom: Devia puniceae velabant limina vittae., so daß Niemand an das Wasser hinantreten könne. Nur bei gewissen feierlichen Gelegenheiten wurde einmal im Jahre der Bann gehoben, die Insel betreten und dort der Göttin geopfert. Diese mit Sumpfpflanzen und niedrigem Gestrüpp bewachsene, wenig über dem Spiegel des Sees erhabene Insel hatte etwa funfzig Fuß im Durchmesser und keinen festen Grund, daher sie ihre Stelle beständig wechselte, wie der Wind sie hin und her trieb. Wie am Velinus neben der Vacuna eine Lympha Velinia, neben der Diana von Nemi Egeria als Quellgöttin ihres Hains verehrt wurde, so werden am See von Cutilia neben der Victoria sogenannte Lymphae Commotiae genannt, eben wegen jener beständigen Bewegung der Insel im See, Varro l. l. V, 71.