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Dreiundvierzigstes Kapitel

Gute Vorsätze, wie ein edles Herz sie faßt, mit klaren Vernunftgründen unterstützt, mit Festigkeit bewahrt, sind nicht so leicht umzustürzen. Sogar dem Sturm der Leidenschaft vermögen sie standzuhalten, wenn er heftig tobt, und wenn er eben durch seine Heftigkeit den redlich Gesinnten ermahnt, alle Kunst seines Willens dagegen aufzubieten.

Gefährlicher erscheint mir die Lage desjenigen, der einerseits an keine Gefahr glaubt, weil er neben der Absicht, einer jeden zu trotzen, auch die Fähigkeit dazu in sich voraussetzt; der aber andererseits, durch Jugend, heißes Blut, lebhafte Phantasie beunruhigt, täglich und stündlich verlockt wird, mit der Gefahr zu spielen. Er lernt sie endlich geringschätzen. Wer seinen Gegner geringschätzt, kann schon für halb besiegt gelten – wenn nur der Feind irgend danach ist.

Die Aufgabe, die dieses Buch sich gestellt hat, ist noch ausgedehnt; wir haben noch vielerlei zu erzählen, wollen wir glücklich ans Ende gelangen; müssen folglich mit dem Raume sparsam umgehen. Deshalb haben wir die umständlichen Auszüge aus Antons Tagebuch abgebrochen und ergreifen wieder die Fäden der Erzählung, die nächsten Ergebnisse in berichtender Kürze zusammenzufassen.

Wir begnügen uns, die Reisenden über Frankreichs Grenzen ins Innere jenes Landes eiligst zu geleiten, und setzen uns mit ihnen für einige Wochen in Ruhe, in einer Stadt auf der großen Straße nach Paris, deren Namen Antons Journal nicht angibt. Dort erst scheint der Bildner seine nun vollendete, sehr gelungene Gruppe aus Othello den übrigen Bildwerken angereiht und sie dem öffentlichen Urteile überantwortet zu haben. Er vernimmt Lobeserhebungen, die ihn für Paris das Beste hoffen lassen, und befindet sich in jener glückseligen Künstlerstimmung, die nach vollbrachter Ausführung, nach glücklich vollendeter Arbeit und vor Beginn eines neu auszuführenden Planes heitere Zuversicht über die Tage der Erholung verbreitet. Diese Stimmung übertrug sich auch auf sein Benehmen gegen Käthchen, für die er nun auf einmal die zärtlichste Aufmerksamkeit an den Tag legte. Auf Käthchen jedoch übte solch plötzlicher Wechsel keinen günstigen Einfluß. Hätte der gute Mann unausgesetzt über seinen Wachsbildern bossiert wie seither, so würde wahrscheinlich wie seither Antons gemessene, besonnene Zurückhaltung bewirkt haben, daß auch Käthchen jenem unüberlegten Ausbruche ihres Gefühls, der ihr beim Anblick der buchstabierenden Vögel entschlüpfte, keine weitere Folge gegeben hätte. Dagegen wurde die ihrer Anmut neu zugewandte, gleichsam erst aus einem Zwischenraume künstlerischer Verhimmelung wiederum auflebende, irdisch liebende Zuneigung ihres Gatten ihr geradezu unerträglich, nachdem sie monatelang den verbotenen Götzendienst heimlicher Anbetung für Anton sonder Störung im stillen hatte ausüben dürfen. Die entsagende Geduld, womit sie ihr Eheband als eine vom Himmel auferlegte und abgeschlossene Verpflichtung getragen, verwandelte sich jetzt, da ihre Träume durch Wirklichkeiten bedroht schienen, in Überdruß, Ungeduld, Widersetzlichkeit. Und was ihr Pflichtgefühl, ihr Gewissen und ihre Frömmigkeit in ernsten Mahnungen dagegen sagten, suchte sie in den Wind zu schlagen mit dem sich selbst erteilten Zeugnis, ihren Gemahl gleich bei Antons Aufnahme gewarnt, ihre Bedenklichkeiten wider einen Reise- und Lebensgenossen von diesem Schlage ausgesprochen zu haben. »Sagte ich ihm nicht, daß dieser junge Mann meinem guten Rufe und folglich seiner Ruhe gefährlich werden könne? Gab ich ihm nicht deutlich genug zu verstehen, daß mir selbst nichts Gutes ahne? Widersetzte ich mich nicht, so weit meine Kraft reichte, seinen Entschließungen? Und er hörte nicht darauf, er lachte mich und meine kindische Schüchternheit aus. Auf ihn fällt die Schuld zurück; auf ihn allein.«

Wenn Anton nicht gewesen wäre, wofür wir ihn kennen, ein edles Herz, ein dankbar treues Gemüt, und wenn das jugendliche Feuer in ihm nicht durch Adeles unerklärliches Verschwinden und durch seine Sehnsucht, sie wiederzufinden, sich nach jener gerichtet, mithin allem Sehnen und Trachten ein ideales Ziel angewiesen hätte, das seine Phantasie in Anspruch nahm ... dann war das blonde Käthchen ein verlorenes Weib, dann wurde ein guter, talentvoller, redlicher Mensch zum schmählich betrogenen und verratenen Ehemann.

Der arme Vlämert! Bei allen seinen anatomischen Studien, die mit der von ihm zur Vollendung gesteigerten Kunstfertigkeit Hand in Hand gingen, verstand er doch so wenig vom inneren Organismus des menschlichen Herzens, wie treffend sein Griffel es sonst immer nachzubilden wußte! Er fühlte sich so sicher, in seinem Gott zufrieden und vergnügt, blieb so blind für die Qualen, die in Käthchens Busen wühlten, als ob sie ... je nun, warum sollte ich dieses Gleichnis ungebraucht lassen? trifft es doch die Wahrheit: als ob sie jene sinnreich konstruierte Wachsfigur aus Antons heimlicher Kammer sei, die er, der Meister, angefertigt, und deren Blutumlauf seine Hand nach Belieben beschleunigen oder hemmen mochte.

In jener Kammer sollte Käthchens Geschick sich entscheiden!

Der späte Herbst hüllte auch Frankreichs gesegneten und segnenden Himmel in düstere graue Wolken. Es war im Anfang des November. Anton weilte in seinem Versteck, woselbst er heute wenig Besuch empfangen, wenig Einnahmen gezählt, sich aber an dieser seltenen Stille gefreut, weil er den Jahrestag der Trennung von Liebenau feierte. »Heute vor drei Jahren ist es gewesen, wo ich den armen Koko aus den Schnäbeln der Eichberger Nebelkrähen rettete, wo ich Laura zum erstenmal sah!«

Und was bedurfte es noch weiter außer dieser kurzen Erinnerung, um seine Gedanken hinreichend lange zu beschäftigen, für mehr wie einen Tag. Von Zeit zu Zeit ergriff er seine Geige. Mit ihrer Hilfe rief er viele wechselnde Bilder wach. Die wilde Weinlaube samt Carino und Ottilie, – seine Großmutter, – Laura, – Adele, welcher letzteren zu Ehren er die Musikstücke spielte, die ihre Darstellungen gewöhnlich begleitet hatten. Und wenn er nun von wehmütig frommen zu verführerischen irdischen Erscheinungen, und wieder umgekehrt, überging, drängte sich dazwischen wie beiden Richtungen angehörig die liebliche Gestalt der milden, schweigsamen, jungen Frau, in deren nächster Nähe zu atmen, ihr stilles Leiden täglich zu beobachten jetzt seine bedenkliche Aufgabe geworden war.

Der Tag ging zu Ende. Die Kasse sollte geschlossen werden.

Anton griff, ohne zu wissen, daß er es tat, nach den großen Vorlegeschlössern, mit denen man zur Nacht die Eingänge verwahrte, und stand eben im Begriff, zu tun, was seines Amtes, da raschelte es vor der Tür des Kämmerleins.

»Führt mir der böse Geist noch spät einen lüsternen Neugierigen zu? Ich meinte, die Gnadenpforte am Eingange sei schon gesperrt.«

Er ging zu öffnen ... und Käthchen drang herein.

Ihr Abscheu vor allem, was dort zu sehen, war so groß, daß sie gezwungen wurde, jenen Anblick zu erwählen, der ihr der gefährlichste blieb. Sie hob ihr feuchtes, blaues Auge zu ihm auf. Schweigend standen sie sich gegenüber; Anton in verlegenem, bangem Erstaunen.

Der Abend dämmerte schon.

Einzelne Regentropfen schlugen gegen das Fenster.

Sonst vernahm man kein Geräusch.

Anton hörte sein eigenes Herz pochen.

Er fürchtete einen heftigen Auftritt, jenem ähnlich, der ihn in Lauras Arme geführt.

Allerdings bot die Situation einige Ähnlichkeiten. Doch war die blonde Britin kein Kind des Südens, und ihr ganzes Tun und Lassen mag sich zu jenem der feurig entschlossenen Madame Amelot verhalten haben, wie es den nächsten Umgebungen sich anzupassen schien: hier unbewegliche, stumme Menschenbilder, – dort wilde, brüllende Tiere. Womit aber nicht gesagt sein will, daß Lauras Empfindungen etwa inniger gewesen als Käthchens kindlich reine Liebe. Im Gegenteil!

Nur daß die arme, zarte Katharina nicht wußte, was sie wollte für sich und von ihm, während die lebhafte Laura zwiefachen Willen gehabt für sich wie für ihn!

»Wo ist der Herr?«

Mit dieser Frage bot Anton nach langem Zögern der Gefahr die Stirn und wohl gewappnet, wie er wähnte.

Käthchen, wie wenn sie nur auf einen Wink gewartet hätte, um aus sprachloser Hingebung in beredte Verteidigung ihres kühnen Schrittes überzugehen, gab sogleich eine Antwort, woran sie, ohne sich unterbrechen zu lassen, den weiteren Erfolg ihrer Rede knüpfte:

»Herr Vlämert hat sich nach unserer Wohnung begeben und erwartet mich dort. Ich bin willens, ihm nicht zu folgen. Stören Sie mich nicht. Lassen Sie mich sprechen! Lassen Sie mich sagen, was ich zu sagen habe; was Sie vernehmen müssen.«

»Ich war ein Kind, – wenn nicht an Jahren, doch sonst – als Herr Vlämert mich von meinen verarmten Eltern zur Frau begehrte und empfing. Ohne über mein Geschick nachzusinnen, folgte ich ihm und ergab mich willig, weil mein Herz frei war und weil ich diesen Mann achten konnte. Wir reisten. Der lange, leere Tag mit seiner Einförmigkeit am Kassentische zwang mich, Bücher zu lesen, die im elterlichen Hause verbotene Ware hießen. An englischen Werken, die mir einzig zugänglichen, ist in Deutschland der Vorrat nicht groß, die Auswahl beschränkt.

Ich fragte nach den besten – und erhielt jene zahlreichen Bände, die Englands größter Dichter geschrieben. Wer Shakespeare immer wieder und wieder (und nur ihn) liest, schlägt die Blätter der Welt auf, schöpft aus dem Borne des Lebens. Ich lernte Welt, Leben, Menschen kennen, in ihren Höhen und in ihren Tiefen. Ich erfuhr, was ich bis dahin nicht wissen konnte, wie Laster und Tugend, kaum durch einen Flor geschieden, nebeneinander herwandeln und oftmals verwechselt werden. Ein junges Weib, gleich mir, muß der Gewalt solcher Eindrücke unterliegen oder gegen sie kämpfen. Ich begann den Kampf. Da brachte mein Gemahl Sie in unser Haus. Ich unterlag.

Mein gutes Glück wollte, daß Herr Vlämert, durch eine bedeutende Arbeit in Anspruch genommen, auf längere Zeit von mir entfernt gehalten wurde. Diese Vernachlässigung von seiner Seite machte mir's möglich, mit meinen Gefühlen, mit meiner Liebe mich in mich selbst zurückzuziehen, und ein inneres Dasein zu führen, während ich in sittsamer Selbstbeherrschung jeden Anspruch auf äußerliches Glück unterdrückte.

Jetzt ist er frei. Er benützt diese Freiheit, sich mir wiederum zuzuwenden. Er verlangt seine Gattin, der Unglückliche, die nicht mehr ihm gehört, die sich ihm nicht mehr geben kann, weil sie eines anderen ist. Die Frage entsteht nur, ob der andere sie will, ob er sie wert hält, sein Eigentum zu besitzen. Darüber haben Sie zu entscheiden. Ist Ihre Zurückhaltung Gleichgültigkeit gewesen, so lassen Sie mich ruhig ziehen; weit, weit weg aus Ihrer Nähe. Neben Ihnen, ohne mit Ihnen zu sein, vermag ich nicht länger auszudauern. Weiter habe ich Ihnen nichts zu sagen.«

Ich will meinen Helden keineswegs in das Gewand der Engel kleiden. Ich will ihn menschlich schildern, wie ich bisher getan. Deshalb auch darf ich hier die Wahrheit nicht verhehlen. Er war seiner Entschlüsse, deren er sich Herr gewähnt, als er vor einigen Minuten dies Gespräch eröffnet, schon nicht mehr sicher. Nein, er wankte. Die zunehmende Dunkelheit des trüben Abends, die Abgeschiedenheit des Ortes, Käthchens Schönheit, und mehr noch, als alles dies zusammengenommen, eine Regung des Mitleids für das reizende Weib, vermischt mit einiger Befürchtung, in ihren Augen wie ein dummer, verzagter Junge zu erscheinen! Eitelkeit, Sinnenglut, Teilnahme ... braucht es mehr? Er schloß die Zitternde in seine Arme ... Da vernahmen sie draußen im Saal, den sie zugesperrt meinten, etwas wie einen Fall zu Boden, das Geklirr einer Waffe!

»Mein Gemahl!« rief Käthchen.

»Der Herr!« sprach Anton und zog sich von ihr zurück.

Sie jedoch umschlang ihn wieder, riß ihn gewaltsam an sich, zwang ihn mit unabweisbarer Gewalt, ihr zu folgen aus dem Nebengemach in den großen Saal der Wachsfiguren.

»Daß mein Schicksal sich jetzt entscheide, in diesem Augenblicke!« sprach sie mit einer Festigkeit und Ruhe, vor der Anton verstummte. Doch was in seiner Seele vorging, läßt sich nicht genugsam ausmalen; wie in diese unbeschreiblich kurze Frist, in die wenigen Schritte über die Schwelle des Gemaches, ein ganzes Leben voll Reue und Beschämung zusammengedrängt schien! Wie der kleine, kurze Raum dem Manne entgegen, an dem er freveln wollte, ihm ein langer, schwerer Weg zum Strafgericht dünkte! Jawohl, freveln wollte. Denn nicht die Gewalt einer heißen Leidenschaft, die auch, wenn sie ins Elend führt, noch immer veredelnd erhebt, hielt ihn aufrecht. Nur eitler, übermütiger Leichtsinn hatte ihn erregt, und dieser brach zusammen vor einer so ernsten Begegnung.

Doch wo weilte der Gefürchtete, Verratene?

Vergebens ließ das schuldbewußte Paar seine Blicke durch alle Räume und Winkel streifen; vergebens rief sie des Mannes Namen. Alles blieb unbeweglich und stumm. Die toten Gesichter starrten mit entsetzlichem Schweigen ins Halbdunkel: kein lebendiges menschliches Wesen war unter ihnen zu entdecken.

»Er ist nicht hier! Gelobt sei Gott, er ist nicht hier!« erklang Antons lauter, fast freudiger Ausruf. »Aber welch ein Geräusch? Was kann das gewesen sein?«

Sie gingen von einer Gruppe zur anderen; hier standen sie vor Desdemona ... die Frage war beantwortet: Von der Figur des Othello, wie er in hocherhobener Hand den Dolch schwingt, der schuldlosen Gattin Brust zu durchbohren, mit der Linken sie an ihren Haaren zum Lager niederreißend, hatte sich der rechte halbentblößte Arm abgelöst und war zur Erde gefallen; die wächsernen Finger durch die Erschütterung zerbrochen; der Dolch, am Schwerte hingleitend, hatte den klirrenden Ton hervorgebracht.

Katharina stand verwirrt, erschreckt bei diesem Anblick. Antons Armen hatte sie sich entwunden; ihr Haupt gesenkt, beide Hände gegen ihr Herz gepreßt, mit sich und ihren Empfindungen im Widerstreit, schien sie zu harren, was er nun beginnen, was er ihr sagen werde. Er, dem sie ihr Herz, ihr blutend zuckendes Herz entgegengetragen! Der Geliebte!

Und dieser, im sanftesten Ton der Stimme, wie innerlichste Rührung ihn nur hervorbringen mag, redete sie herzlich an:

»Katharina, was sollen Sie tun? Einen Mann verlassen, der Sie liebt, achtet, auf Händen trägt, Ihnen vertraut, Ihre Eltern unterstützt ... ihn unglücklich machen, den Mann von Kenntnissen, Talent, Charakter; um sich einem unbedeutenden Burschen hinzuwerfen, welcher nichts zu geben, nichts darzubieten hat, nicht einmal sein Herz; denn es gehört einer anderen, die er sucht, nach der er sich sehnt! Ja, liebes Käthchen, hätte Ihr Schutzgeist nicht gleichsam durch ein Wunder Sie gerettet, wie bedauernswert würden wir beide, wie verworfen würde ich sein! Sie von mir betrogen, vernachlässigt, aufgegeben, gemieden nach kurzem Rausch, in verzweifeltem Erwachen; ... ich, mit dem Jammer zwiefachen Verrates in der Seele! Benutzen wir diese Gunst des Aufschubes, die höhere Mächte uns gegönnt, gehorchen wir dem Wink eines Zufalles, der kein Zufall ist, den wir zu Gottes Warnungsstimme erheben sollen. Sie wollen nicht ferner neben mir durch die Welt ziehen? Sie haben recht. Ich kann und darf nicht mit Ihnen gehen. Deshalb will ich scheiden. An mir ist es, durch meine Entfernung alles auszugleichen. Ein paar Zeilen, die ich Ihrem Gatten zurücklasse, mögen meine rasche Abreise vor ihm entschuldigen und ihn bitten, mir ein nachsichtsvolles Andenken zu gönnen, wie ich ihm ewig dankbar bleiben will. Auch bedarf es keiner Lüge. Ich bin wirklich voll Ungeduld, Paris endlich zu erreichen. Heute nacht breche ich auf. – Sie zürnen mir; ich sehe es; aber ich sehe es mit Freuden, weil ich weiß, daß Sie mich segnen werden, wenn ich fern bin. Ja, Sie werden mich segnen – und Gott segne Sie!«

Er bot ihr seinen Arm, um sie heimzuführen.

Als sie schon einige Schritte getan, zog sie ihren Arm zurück, wandte sich noch einmal zu Desdemonas Lager, und als ob die bleiche Wachsfigur ein Heiligenbild, sie selbst aber eine fromm katholische Irländerin sei, warf sie sich vor Othellos reiner Gemahlin nieder auf die Knie und mit heftigem Schluchzen brach sie in deren himmlisch süße Worte aus:

»Beshrew me, if I would do such a wrong for the whole world.« »Ich will des Todes sein, tät' ich solch Unrecht, Auch um die ganze Welt.« Othello, Akt IV, Sz. 8.

Dann ließ sie sich von ihm geleiten.

Sie sprachen nicht mehr miteinander.

In ihrer Wohnung angelangt, entließ sie ihn vor Vlämerts Zimmer, reichte ihm die Hand, die er küßte und lispelte ihm zu: »Gottes Lohn über Sie!«

Anton schlich nach seinem Stübchen, schrieb einen Brief voll Lüge und Wahrheit an seinen bisherigen Herrn, packte seine Habseligkeiten zusammen und befand sich vor Tagesanbruch auf der Straße nach Paris.


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