Poggio Fiorentino
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50.
Der Kardinal von Bordeaux erzählt von einem Gaukler.

Gregor XII. hatte, bevor er zum Papst gewählt wurde, während des Konklaves und auch nachher noch versprochen, alles Erdenkliche zu tun, um das Schisma, das damals in der Kirche herrschte, aufzuheben, und einige Tage hielt er an dem, was er zugesagt hatte, so fest, daß er sogar gelobte, nötigenfalls auf den Pontifikat zu verzichten. Später aber ließ er, verleitet durch das Hochgefühl der Macht, seine Schwüre und Versprechungen außer acht und hielt nichts von dem, was er vorher zugesagt hatte. Der Kardinal von Bordeaux, ein ernster und außergewöhnlich kluger Mann, war darüber sehr empört, und als er eines Tages zu mir darüber sprach, sagte er: »Gregor hat es mit uns gemacht, wie jener Gaukler mit den 56 Bolognesern, der versichert hatte, er werde fliegen.« Und als ich ihn bat, mir die Geschichte zu erzählen, begann er: »Vor kurzem trat in Bologna ein Gaukler auf, der durch eine öffentliche Ankündigung anzeigte, er werde von einem Turm in der Nähe der St. Raphaelsbrücke mehr als eine Meile über die Stadt hinaus fliegen. Am festgesetzten Tage versammelte sich fast das ganze Volk von Bologna an jenem Orte, und der Gaukler machte sich über alle lustig, indem er sie bis gegen Abend hungrig in der Sonne warten ließ. Alle waren höchst gespannt und blickten unverwandt auf den Turm, in der Erwartung, daß der Mann fliegen solle. Und wenn er hier und da auf dem Turme sich zeigte und die Flügel bewegte, als stände er im Begriffe zu fliegen, und sich den Anschein gab, als wolle er sich abstoßen, erhob sich ein großer Applaus unter der Menge, die mit offenem Maule zum Turm hinaufstarrte. Nachdem die Sonne endlich untergegangen war, drehte der Gaukler, um wenigstens etwas zu tun, dem Volke den Rücken und zeigte ihm den Hintern. So mußten alle jene Angeführten, mürbe von Hunger und Überdruß, nachts in die Stadt zurückkehren. Ebenso hat es,« schloß der Kardinal, »jetzt der Papst gemacht, der uns nach soviel Versprechungen schließlich damit zufriedenstellte, daß er uns den Hintern zeigte.« 57

 


 


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