Poggio Fiorentino
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249.
Von einem Manne, der zwei Jahre lang weder Speise noch Trank zu sich nahm.

Ich fürchte, daß das, was ich jetzt unter unsere Plaudereien aufnehme, noch fabelhafter 248 erscheint, als manche der übrigen, denn es ist gegen die Natur und scheint leicht widerlegbar. Ein Mann, namens Giacomo, der zur Zeit Papst Eugens zu den Angestellten an der römischen Kurie gehörte, die man Kopisten nennt, verfiel, als er nach seiner Vaterstadt Noyon in Frankreich zurückgekehrt war, in eine schwere und langwierige Krankheit. Meine Erzählung würde zu lang werden, wollte ich alles wiederholen, was ihm nach seiner Angabe während der Krankheit zustieß. Nach vielen Jahren, im 6. Jahre des Pontifikats Nikolaus V., kehrte er endlich zur Kurie zurück. Er kam aber arm und von allem entblößt an; denn auf der Reise war er Räubern in die Hände gefallen und wandte sich an Mitglieder der Kurie, Nachbarn von mir, sehr ehrenwerte Männer, die ihn von früher her kannten, und erzählte ihnen, daß er seit zwei Jahren nach seiner Krankheit weder gegessen noch getrunken habe, obgleich er es mehrfach versuchte. Er ist ein sehr magerer Mensch, Priester und besitzt einen gesunden Verstand, sagt das Gebet lückenlos her und hat die Messe in meiner Gegenwart gehört. Viele Theologen und Ärzte haben mit ihm ernsthaft geredet; sie sagen, es handle sich um etwas Widernatürliches aber so Unzweifelhaftes, daß es hartnäckig wäre, nicht daran zu glauben. Jeden 249 Tag kommt eine Menge von Leuten zu ihm, um ihn auszufragen. Die Ansichten über ihn sind ganz verschieden: manche glauben, sein Leib sei von einem Dämon besessen, aber es deutet kein Zeichen darauf hin; er erscheint durchaus als ein kluger, rechtschaffener und frommer Mann, der auch heute noch sein Schreibergeschäft betreibt; andere sagen, daß sein melancholisches Temperament ihn ernähre. Ich selbst habe mich öfter mit ihm unterhalten und bin überzeugt, daß alles, was über ihn geredet wurde, falsch ist. Er sagt, daß er sich ebenso über seinen Zustand wundere, wie die andern, er sei jedoch nicht plötzlich, sondern allmählich dazu gelangt, Ich würde mich noch mehr über diesen Fall wundern, wenn ich nicht unlängst gewisse Annalen, die ich einst in Frankreich abgeschrieben hatte, durchgeblättert und darin gelesen hätte, daß zu Zeiten Kaiser Lothars und Papst Paschalis', im Jahre 822, sich dasselbe ereignet hat. Ein zwölfjähriges Mädchen im Gebiete von Toul, in der Stadt Commercy, enthielt sich, nachdem es Ostern die heilige Kommunion genommen, zuerst zehn Monate lang des Brotes, dann drei Jahre lang der Speise und des Tranks und kehrte darauf zu seiner früheren Lebensgewohnheit zurück. Auch er hofft, daß dasselbe bei ihm der Fall sein werde. 250

 


 


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