Jakob Wassermann
Das Gänsemännchen
Jakob Wassermann

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In der frohpulsierenden Stimmung dieser Zeit schrieb und vollendete Daniel den fünften Satz seiner Symphonie, ein Scherzo großen Stils, das mit einer Klarinettenfigur wie mit einem sorglosen Lachen einsetzte. Aus dem einfachen Motiv entwickelten sich alle Möglichkeiten der Freude; auch stiller Rückblick und Trost. Wenn die Hauptthemen, sich ihres früheren Vorrangs entsinnend, breiter fluten wollten, wurden sie immer wieder mit kunstreichen Mitteln, die launig wechselten, beschwichtigt und in die Tiefe gedrängt. Einmal flossen alle drei Themen zusammen, schienen in der Vereinigung Kraft zu gewinnen, schwollen in wunderbarer Fugierung empor, ihr Sieg schien nahe, da wurde über dem Septakkord in D das ganze Orchester vor der Tanzmelodie ergriffen, und in den Geigen flohen jene schwermütigen Schwesterweisen klagend dahin. Vor der jubelnden Steigerung des Schlusses hielt ein Solofagott die eine, wehevolle, in ferner Höhe fest.

In vierzehn Nächten entwarf er dann auch den sechsten Satz.

Daß ihm dergleichen vorher nie gelungen war, wußte Daniel. Wer das Außerordentliche hervorbringt, weiß es. Es packt ihn an wie Krankheit und erfüllt ihn wie ein tiefer Traum.

Manchmal war die Versuchung groß, es zu verkündigen; einem, irgendeinem, und wenn es Herr Carovius sein mußte. War die Flamme niedergebrannt, so belächelte er den Trieb. Geduld, sagte er sich dann im ruhigen Gefühl, nur Geduld.

Da das Sammelwerk fertig und seine Verbindung mit dem Haus Philander gelöst war, hielt er nach anderm Broterwerb Umschau. Er hatte im Laufe der letzten Jahre viertausend Mark erspart, aber das Geld wollte er nicht anrühren.

Er erfuhr, daß die Organistenstelle an Sankt Egydien frei geworden sei und ging zum Pfarrer, der ihn seinen Oberen empfahl. Es wurde beschlossen, daß er den Herren der Kirchenbehörde vorspielen solle. Dies geschah eines Morgens im Oktober. Die Prüfung fiel zur merkbaren Zufriedenheit der gestrengen Hörer aus.

Er wurde also Organist an Sankt Egydien mit zwölfhundert Mark Gehalt. Wenn er an Sonn- und Festtagen die Orgel spielte, kamen immer viele Leute in die Kirche, nur um ihn zu hören.


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