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1934
Querido Verlag Amsterdam
Als Joseph Kerkhoven an dem tragischen Frühherbsttag des Jahres 1929 hilflos zusammenbrach, weil er entdeckt hatte, daß die Frau, die er liebte, ihn mit dem jungen Freund und Schüler Etzel Andergast, dem er ungemessenes Vertrauen geschenkt, hintergangen hatte, daß also die beiden teuersten Menschen der Welt zu Betrügern an ihm geworden waren, sah er zunächst keine Möglichkeit, das gewohnte Leben weiterzuführen.
Was ihn so grausam hinwarf, war der unerwartete Überfall auf seine Person, die er seit einer Reihe von Jahren den Angriffen des Schicksals entzogen wähnte. Tagtäglich bedrängt von unendlicher Menschennot, hatte er seiner selbst nach und nach vergessen. Daß es auch ihn einmal packen und niederschlagen könne, war im Programm nicht vorgesehen. Das Schicksal war ihm zu einem Kollektivbegriff geworden. Damit war eine starre und, wie er jetzt zu spät erfuhr, trügerische Sicherheit über ihn gekommen, wie wenn privates Unglück, persönliches Leiden, individueller Schmerz für ihn nicht mehr existierten. Für andere Menschen wirkend und ihnen ausschließlich hingegeben, hatte er sich so weit von sich entfernt, daß der Mann und Mensch Kerkhoven zuletzt nur noch vom äußerlichen Mechanismus des Daseins bewegt wurde. Er hatte so lange über den Geschicken gelebt und sie regiert, daß er nicht mehr wußte, wie es ist, wenn man selber unter die Räder kommt. Er hatte nun Gelegenheit, über den Unterschied nachzudenken, der zwischen einer Wunde besteht, die man als Arzt behandelt, und einer, an der man verblutet.