Conrad Ferdinand Meyer
Gedichte
Conrad Ferdinand Meyer

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Der Rheinborn

            Ich bin den Rhein hinauf gezogen
Durch manches schattge Felsentor,
Entlang die blauen, frischen Wogen
Zu seinem hohen Quell empor.

Ich glaubte, dass der Rhein entspringe,
So liedervoll, so weinumlaubt,
Aus eines Sees lichtem Ringe,
Doch fand ich nicht, was ich geglaubt.

Indem ich durch die Matten irrte
Nach solchen Bornes Freudeschein,
Wies schweigend der befragte Hirte
Empor mich zum Granitgestein.

Ich klomm und klomm auf schroffen Stiegen
Verwognen Pfaden, öd und wild
Und sah den Born im Dunkel liegen
Wie einen erzgegossnen Schild.

Fernab von Herdgeläut und Matten
Lag er in eine Schlucht versenkt,
Bedeckt von schweren Riesenschatten,
Aus Eis und ewgem Schnee getränkt –

Ein Sturz! Ein Schlag! Und aus den Tiefen
Und aus den Wänden brach es los:
Heerwagen rollten! Stimmen riefen
Befehle durch ein Schlachtgetos!

 


 


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