- Wenn Spieler sich vom Würfelspiel entfernen,
Bleibt, der verlor, betrübt und ärgerlich
Und wirft und wirft, um’s besser zu erlernen
- Doch alles drängt um den Gewinner sich.
Der folgt und sucht, wie er sein Kleid erlange,
Ein andrer, seitwärts, spricht: Gedenk’ an mich.
- Doch er verweilt nicht, hört auf keinen lange,
Und wem er etwas gibt, der macht sich fort;
So kommt er los vom lästigen Gedrange.
- So war ich in dem dichten Haufen dort,
Und mußte hier den Kopf und dorthin wenden
Und löste mich durch manch Verheißungswort;
- Sah Benincasa, der den Wütrichshänden
Des Ghin erlag, und sah darauf auch ihn,
Des Los war, jagend in der Flut zu enden.
- Novelle bat mich flehend, zu verzieh’n;
Auch der von Pisa dann, durch den der gute,
Der wackere Marzucco stark erschien.
- Graf Orfo auch, und der im Frevelmute
Vertilgt ward, wie er sagt’, aus Neid und Groll,
Nicht weil auf ihm ein schwer Verbrechen ruhte,
- Den Broccia mein’ ich – mag sich demutsvoll
Zur Reue die Brabanterin bequemen,
Wenn sie zu schlechterm Troß nicht kommen soll.
- Kaum war ich frei von allen jenen Schemen,
Die dort mich angefleht, zu fleh’n, daß sie
Zur Heiligung mit größrer Eile kämen;
- Da sprach ich: "Du, der stets mir Licht verlieh,
Hast irgendwo in deinem Werk geschrieben,
Den Schluß des Himmels beuge Flehen nie.
- Doch hörtest du, wozu mich diese trieben.
Täuscht nun vielleicht die Hoffnung diese Schar?
Ist unklar mir vielleicht dein Sinn geblieben?"
- "Nicht täuscht sie Hoffnung, und mein Wort ist klar,"
So sprach er drauf, "du magst es nur betrachten
Mit hellem Geist, so wird dir’s offenbar.
- Ist für gebeugt das strenge Recht zu achten,
Wenn das erfüllt der Liebe heißer Trieb,
Was jenen oblag und sie nicht vollbrachten?
- Da, wo ich jenen Grundsatz niederschrieb,
Da sühnte man durch Bitten keine Sünden,
Weil ungehört von Gott die Bitte blieb.
- Doch kannst du jetzt so tiefes nicht ergründen,
So harr’ auf sie, die zwischen deinem Geist
Und ew’ger Wahrheit wird ein Licht entzünden.
- Beatrix ist’s, wenn du’s vielleicht nicht weißt,
Die Lächelnde, Beglückte, die zu sehen
Des hohen Berges Gipfel dir verheißt."
- Und ich: "Mein Meister, laß uns schneller gehen!
Mir kehrt die Kraft, die kaum noch unterlag,
Und sieh, schon werfen Schatten jene Höhen."
- "Wir gehn soweit als möglich diesen Tag,"
Entgegnet’ er, "doch andres wirst du finden,
Als eben jetzt dein Geist sich denken mag.
- Die Sonne, deren Strahlen jetzt verschwinden,
So, daß zugleich dein Schatten flieht, sie kehrt,
Bevor wir uns empor zum Gipfel winden.
- Doch eine Seele sieh, uns zugekehrt,
Allein, betrachtend, wie du dich bewegtest.
Gewiß, daß sie den nächsten Weg uns lehrt."
- O Geist von Mantua, wie du lebend pflegtest,
So bliebst du stolzen, strengen Angesichts,
Indem du langsam ernst die Augen regtest.
- Er ließ uns beide gehn und sagte nichts,
Gleich einem Leu’n, der ruht, uns still betrachtend
Mit scharfem Strahle seines Augenlichts.
- Allein Virgil, nur nach der Höhe trachtend,
Befragt’ ihn: "Wo erklimmt man diese Wand?"
Doch jener, nicht auf seine Fragen achtend,
- Fragt’ uns nach unserm Leben, unserm Land.
Und: "Mantua" – begann nun mein Begleiter;
Da hob der Schatten, erst in sich gewandt,
- Sich schnell vom Sitz und ward teilnehmend heiter.
"Sordell bin ich, dein Landsmann!" rief er aus,
Und, selbst umarmt, umarmt’ er meinen Leiter –
- Italien, Sklavin, Schlund voll Schmerz und Graus,
Schiff ohne Steurer auf durchstürmten Meeren,
Nicht Herrscherin der Welt, nein, Hurenhaus;
- Wie sah ich jenen Schatten dort, den hehren,
Beim süßen Klange seiner Vaterstadt
Hereilen, um den Landsmann froh zu ehren.
- Doch deine Lebenden sind nimmer satt,
Im tollen Kampf sich wechselweis zu morden,
Selbst die umschlossen eine Mauer hat.
- Elende, such’ an deinen Meeresborden,
Im Innern such’ und keinen Winkel letzt
Des Friedens Glück im Süden und im Norden.
- Was hilft dir’s, da dein Sattel unbesetzt,
Daß Justinian die Zügel dir erneute?
Ohn’ ihn wär’ minder deine Schande jetzt.
- Ihr hattet längst mit frommem Sinn, ihr Leute,
Zu Cäsars Sitz den Sattel eingeräumt,
Verstündet ihr, was Gottes Wort bedeute.
- Seht, wie das wilde Tier sich tückisch bäumt,
Seit niemand es die Sporen fühlen lassen,
Und ihr es, die ihr’s zähmen wollt, entzäumt.
- O deutscher Albrecht, der dies Tier verlassen,
Das drum nun tobt in ungezähmter Wut,
Statt mit den Schenkeln kräftig es zu fassen,
- Gerechtes Strafgericht fall’ auf dein Blut
Vom Sternenzelt, auch sei es neu und offen,
Dann ist dein Folger wohl auf seiner Hut.
- Was hat dich und den Vater schon betroffen,
Weil ihr, verödend diese Gartenau’n,
Nach jenseits nur gestellt das gier’ge Hoffen.
- Komm her, der Philipeschi Stamm zu schau’n
Leichtsinniger, komm, sieh die Cappelletten,
Die schon gebeugt, und die voll Angst und Grau’n!
- Komm, Grausamer, die Treuen zu erretten!
Sieh, ungestraft drängt sie der schnöde Feind!
Sieh Santafior in wilder Räuber Ketten!
- Komm her und sieh, wie deine Roma weint,
Und höre Tag und Nacht die Witwe stöhnen:
Mein Cäsar, ach, warum nicht mir vereint?
- Komm her und sieh, wie alle sich versöhnen,
Komm her, und fühlst du dann auch Mitleid nicht,
So schäme dich, daß alle dich verhöhnen.
- Verzeih, o höchster Zeus im ew’gen Licht,
Der du für uns gekreuzigt wardst auf Erden,
Ist anderwärts gewandt dein Angesicht?
- Wie? oder soll aus schrecklichen Beschwerden,
Ein neues Heil, von keinem Aug’ entdeckt,
Nach deinem tiefen Rat bereitet werden?
- Wie voll Italien von Tyrannen steckt!
Will sich ein Bauer der Partei verschwören,
Gleich heißt’s von ihm, Marcell sei auferweckt.
- Du, mein Florenz, du kannst dies ruhig hören,
Da dieser Abschweif nimmer dich berührt.
Nie ließ sich ja dein wackres Volk betören.
- Gerechtigkeit hegt vieler Herz, nur spürt
Man etwas spät, wie sehr es ihr gewogen,
Indes dein Volk sie stets im Munde führt.
- Wenn Bürgerämtern viele sich entzogen,
Nimmt sie dein Volk freiwillig an und schreit:
Seht her, mich hat die Bürde krumm gebogen!
- Nun freue dich, wenn du verdienest Neid,
Du Reiche, du Friedselige, du Weise –
Ich red’ im Ernst, die Wahrheit liegt nicht weit.
- Man spreche von Athen und Sparta leise!
Sollt’ ihr Gesetz wohl wert der Rede sein,
Wie sehr man’s anpreist, neben deinem Preise?
- Das, was du vorkehrst, ist gar dünn und fein;
Denn wenn du’s im Oktober angesponnen,
Zerreißt es im November kurz und klein.
- Wie oft hast du geendet und begonnen,
Hast über Münz’ und Art, Gesetz und Pflicht,
Und Haupt und Glieder anders dich besonnen;
- Bist du nicht völlig blind für jedes Licht,
So mußt du dich gleich einer Kranken sehen.
Ruh’ findet sie auf ihren Kissen nicht
- Und wendet sich, den Schmerzen zu entgehen.
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