- Vom Rand zur Mitte sieht man Wasser rinnen
Im runden Napf, vom Mittelpunkt zum Rand,
Je wie man’s treibt nach außen oder innen.
- Dies war’s, was jetzt vor meiner Seele stand,
Als stille schwieg des Thomas heil’ges Leben
Und süß verhallend seine Stimme schwand,
- Ob jener Ähnlichkeit, die sich ergeben,
Da er erst sprach, dann Beatricens Mund,
Der’s jetzt gefiel, die Stimme zu erheben:
- "Ihm tut es not, obwohl er’s euch nicht kund
In Worten gibt, noch läßt im Innern lesen,
Zu späh’n nach einer andern Wahrheit Grund.
- Sagt ihm, ob dieses Licht, das euer Wesen
So schön umblüht, euch ewig bleiben wird
Im selben Glanze, wie’s bis jetzt gewesen.
- Und, bleibt’s. So sagt, damit er nimmer irrt,
Wie, wenn ihr werdet wieder sichtbar werden,
Es euren Blick nicht blendet und verwirrt."
- Wie mit verstärkter Lust oft hier auf Erden
Die Tanzenden im heitern Ringeltanz
Die Stimm’ erhöh’n und froher sich gebärden;
- So zeigte neue Lust der Doppelkranz,
Als sie ihn bat, so rasch, doch fromm-bescheiden,
In freud’gem Dreh’n und Wundersang und Glanz –
- Wer klagt, daß wir den Tod auf Erden leiden,
Um dort zu leben, oh, der fühlt und denkt
Nicht, wie wir dort am ew’gen Tau uns weiden.
- Daß drei und zwei und eins, das alles lenkt
Und ewig lebt in einein, zwei’n und dreien,
Und, ewig unumschränkt, das All umschränkt,
- Gesungen ward’s in solchen Melodeien
Dreimal im Chor, um vollen Lohn der Pflicht
Und jeglichem Verdienste zu verleihen.
- Und eine Stimm’ entklang dem hellem Licht
Des kleinern Kreises dann und wich an Milde
Wohl der des Engels der Verkündung nicht.
- "Solang die Lust im himmlischen Gefilde,
So lange währt auch unsre Lieb’ und tut
Sich kund um uns in diesem Glanzgebilde.
- Und seine Klarheit, sie entspricht der Glut,
Die Glut dem Schau’n, und dies wird mehr uns frommen,
Je mehr auf uns die freie Gnade ruht.
- Wenn wir den heil’gen Leib neu angenommen,
Wird unser Sein in höhern Gnaden stehn,
Je mehr es wieder ganz ist und vollkommen.
- Drum wird sich das freiwill’ge Licht erhöh’n,
Das wir vom höchsten Gut aus Huld empfangen,
Licht, welches uns befähigt, ihn zu sehn,
- Und höher wird zum Schau’n der Blick gelangen,
Höher die Glut sein, die dem Schau’n entglüht,
Höher der Strahl, der von ihr ausgegangen.
- Doch, wie die Kohle, der die Flamm’ entsprüht,
Sie an lebend’gem Schimmer überwindet
Und wohl sich zeigt, wie hell auch jene glüht;
- So wird der Glanz, der jetzt schon uns umwindet,
Dereinst besiegt von unsres Fleisches Schein,
Wenn Gott es seiner Grabeshaft entbindet.
- Nicht wird uns dann so heller Glanz zur Pein;
Denn stark, um alle Wonnen zu genießen,
Wird jedes Werkzeug unsers Körpers sein." –
- Und Amen riefen beide Chör’ und ließen
Durch Einklang wohl den Wunsch ersehn, den Drang,
Sich ihren Leibern wieder anzuschließen.
- Und wohl für sich nicht nur, nein, zum Empfang
Der Väter, Mütter und der andern Teuern,
Die sie geliebt, eh’ sie die Flamm’ umschlang.
- Und sieh, zum Glanz von diesen ew’gen Feuern
Kam gleiche Klarheit rings, wie wenn das Licht
Des Tags der Sonne goldne Pfeil’ erneuern.
- Wie, wenn allmählich an der Abend bricht,
Am Himmel Punkte, klein und bleich, erglänzen,
So daß die Sach’ als wahr erscheint und nicht;
- So glaubt’ ich jetzt in neuen Ringeltänzen
Noch zweifelnd, neue Wesen zu erspäh’n,
Weit außerhalb von jenen beiden Kränzen.
- O wahrer Schimmer, angefacht vom Weh’n
Des HeiI’gen Geist’s so plötzlich hell! – Geblendet
Könnt’ ihm mein Auge jetzt nicht widerstehn.
- Doch als ich zu Beatrix mich gewendet,
War sie so lachend schön, so hochbeglückt,
Daß solches Bild kein irdisch Wort vollendet.
- Da ward von neuer Kraft mein Aug’ entzückt;
Ich schlug es auf und sah mich schon nach oben
Mit ihr allein zu höherm Heil entrückt.
- Wohl nahm ich wahr, ich sei emporgehoben.
Denn glühend lächelte der neue Stern
Und schien von ungewohntem Rot umwoben.
- Von Herzen, in der Sprache, welche fern
Und nah gemeinsam ist den Völker Scharen,
Bracht’ ich Dankopfer dar dem höchsten Herrn.
- Und lustentzündet könnt’ ich schon gewahren,
Eh’ ich die ganze Glut ihm dargebracht,
Daß angenehm dem Herrn die Opfer waren.
- Denn Lichter, in des Glanzes höchster Macht,
Sah ich aus zweien Schimmerstreifen scheinen,
Und rief: O Gott, du Schöpfer solcher Pracht! –
- So tut, besät mit Sternen, groß’ und kleinen, ’
Galassia zwischen Pol und Pol sich kund,
Von welcher dies und das die Weisen meinen,
- Wie diese Streifen, bildend auf dem Grund
Des roten Mars das hochgeehrte Zeichen,
Gleich vier Quadranten, wohlgefügt im Rund.
- Wohl muß die Kunst hier dem Gedächtnis weichen,
Denn von dem Kreuz hernieder blitzte Christus;
Wo gäb’s ein Bild, ihm würdig zu vergleichen?
- Doch wer sein Kreuz nimmt, folgend seinem Christus,
Von ihm wird das, was ich verschwieg, verzieh’n,
Denn blitzen sieht auch er im Glanze Christus.
- Von Arm zu Arm, vom Fuß zur Höh’ erschien
Bewegtes Licht, hier hell in Glanz entbrennend,
Weil sich’s verband, dort beim Vorüberzieh’n.
- So sieht man wohl, hier träg bewegt, dort rennend,
Atome, hier g’rad’, dort krummgeschweift,
Und lang und kurz, sich einend und sich trennend,
- Wirbelnd im Strahl, der durch den Schatten streift,
Nach dem, wenn heiß die Sonnengluten flirren,
Der Mensch mit Witz und Kunst begierig greift. –
- Und wie harmonisch Laut’ und Harfe schwirren,
Sind nur die vielen Saiten rein gespannt,
Ob auch im Ohr die Töne sich verwirren;
- So hört’ ich jetzt den Sang vom Kreuz und stand,
Als ob in Lust die Sinne sich verlören,
Obwohl ich von der Hymne nichts verstand.
- Doch hohen Preis vernahm ich in den Chören,
Denn: Du erstehst und siegst! – erklang’s, und ich
Glich denen, welche nicht verstehn, doch hören.
- Und so durchdrang hier süße Liebe mich,
Daß, welche holde Band’ auch mich umfingen,
Doch keins bis dahin diesem Bande glich.
- Vielleicht scheint sich zu kühn mein Wort zu schwingen,
Nachsetzend selbst der schönen Augen paar,
Die jeden Wunsch in mir zur Ruhe bringen.
- Doch nimmt man die lebend’gen Stempel wahr,
Die, höher, immer schöneres gestalten,
Und denkt, daß ich gewandt von jenen war,
- So wird man drob mich für entschuldigt halten
Und sehn, daß ich vom Wahren nicht geirrt;
Doch dürft’ auch hier die heil’ge Wonne walten,
- Die, wie man aufsteigt, immer reiner wird.
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