- "O auserwählte Tischgenossenschaft
Beim großen Mahl des Lamms, daß solcherweise
Euch speiset, daß euch’s voll G’nüge schafft,
- Wenn er, durch Gottes Huld’ sich an der Speise,
Die eurem Tisch entfällt, vorkostend stillt,
Eh’ ihn der Tod beschwingt zur letzten Reise
- So denkt, wie seine Brust vor Sehnen schwillt;
Netzt ihn mit eurem Tau – auch letzt die Quelle,
Der alles, was er sinnt und denkt, entquillt."
- Beatrix sprach’s – wie um des Poles Stelle
Sich Sphären dreh’n, so jene Sel’gen nun,
Flammend, Kometen gleich, in Glut und Helle.
- Wie, wohlgefügt, der Uhren Räder tun –
In voller Eil’ zu fliegen scheint das letzte,
Das erste scheint, wenn man’s beschaut, zu ruh’n
- Also verschieden in Bewegung setzte
Sich jeder Kreis, drob, wie er sich erwies,
Schnell oder trag, ich seinen Reichtum schätzte.
- Und aus dem Kreis, den ich den schönsten pries,
Sah ich ein so beseIigt Feuer schweben,
Daß es nichts Klareres drin hinterließ.
- Um Beatricen Schwang dies heil’ge Leben
Sich erst dreimal, und Sang entquoll dem Licht,
Den keine Phantasie kann wiedergeben.
- Drum springt die Feder hier und schreibt es nicht,
Weil, wo der Phantasie die Kraft benommen,
Sie noch weit mehr dem armen Wort gebricht.
- "O heil’ge Schwester, die du in so frommen
Gebeten flehst, durch deine Liebesglut
Bin ich aus schönerm Kreis herabgekommen!"
- Nachdem das heil’ge Feu’r im Tanz geruht,
Wandt’ es den Hauch zur Herrin mit den Worten,
Die mein Gedicht euch kund hier oben tut.
- "O ew’ges Licht des großen Manns, dem dorten"
– Sie sprach’s – "der Herr die Schlüssel ließ, die er
Getragen, zu des Wunderreiches Pforten,
- Prüf ihn mit ein’gen Fragen, leicht und schwer,
Wie dir’s gefällt, ob jener Glaub’ ihm eigen,
Durch welchen du gegangen auf dem Meer.
- Ob er gut liebt, gut hofft und glaubt – verschweigen
Kann er dir’s nicht, denn dort ist dein Gesicht,
Wo abgemalt sich alle Dinge zeigen.
- Doch weil man hier durch wahren Glaubens Licht
Zum Bürger wird, so wird es Früchte tragen,
Wenn er mit dir zu seinem Preise spricht."
- Gleichwie der Bakkalaur, des Meisters Fragen
Erwartend, stillschweigt, denn er rüstet sich,
Entscheidung nicht, doch den Beweis zu wagen;
- So rüstet’ ich mit jedem Grunde mich,
Indes sie sprach, um schnell und wohlerfahren
Zu reden, wenn der Meister spräche: Sprich!
- "Sprich, guter Christ, um dich zu offenbaren:
Was ist der Glaub’?" – Ich hob die Stirne schnell
Zum Lichte, dem entweht die Worte waren.
- Zur Herrin blickt’ ich dann, die, froh und hell,
Mir Mut verlieh, die Flut hervorzulassen,
Wie sie entströmte meinem innern Quell.
- "Hat Gnade", fing ich an, "mich zugelassen
Zur Beichte bei der Streiter hohem Hort,
So lasse sie mich klar die Antwort fassen.
- Die Wahrheit, Vater," also fuhr ich fort,
"Hab’ ich in deines Bruders Buch getroffen,
Der Rom bekehrt hat durch sein heilig Wort.
- Glaub’ ist der Stoff des, was wir fröhlich hoffen,
Ist der Beweis von dem, was wir nicht sehn.
Und hierin zeigt sich mir sein Wesen offen."
- "Wohl richtig denkst du," hört’ ich’s jetzo weh’n,
"Wenn du den Grund erkennst. Darum verkünde:
Was mocht’ er bei Beweis und Stoff verstehn?"
- Drauf ich: "Die Dinge, die ich hier ergründe,
Die ihres Anblicks Wonne mir verleih’n,
Sind so versteckt dem Blick im Land der Sünde,
- Daß dorten nur im Glauben ist ihr Sein,
Auf welchen wir die hohe Hoffnung bauen,
Und deshalb ist er auch ihr Stoff allein.
- Auch muß dann, ohn’ auf anderes zu schauen,
Vom Glauben aus nur folgern der Verstand;
Drum muß man ihm auch als Beweise trauen."
- Ich hörte drauf: "Würd’ alles so erkannt,
Was dort auf Erden die Gelehrten lehren,
So wäre der Sophisten Witz verbannt."
- Den Hauch ließ jene Liebesglut mich hören
Und fuhr dann fort: "Fürwahr, ich sehe dich
Die Münz’ als echt in Schrot und Korn bewähren.
- Allein hast du sie auch im Beutel? Sprich!"
Und ich drauf: "Ja, so hell und so gerundet,
Daß beim Gepräg’ nie Zweifel mich beschlich."
- Da sprach es aus dem Licht, dort hellentzündet:
"Wie ward dies teure Kleinod dein, dies Gut,
Auf welches sich jedwede Tugend gründet?"
- Und ich: "Des Heil’gen Geistes Regenflut,
Die sich so reich aufs Pergament ergossen,
Das kund den Alten Bund und Neuen tut,
- Sie ist der Grund, aus dem ich es geschlossen
So scharf, daß anderer Beweis und Grund
Mir stumpf erscheint wie Tand und leere Possen." .
- Ich hörte drauf: "Der Alt’ und Neue Bund,
Durch den dein Geist, so folgernd, dieses dachte.
Wie wurden sie als Gottes Wort dir kund?"
- Und ich: "Das, was mir klar die Wahrheit machte,
Die Werke sind’s, von der Art, daß Natur
Sie nie hervor in ihrer Werkstatt brachte."
- Drauf klang’s: "Wo aber ist die klare Spur,
Daß sie gescheh’n? Dies wäre zu bewähren,
Da’s niemand dir bezeugt mit sicherm schämt." –
- "Daß ohne Wunder sich zu Christi Lehren
Die Welt bekehrt – dies Wunder schon bezeugt
Die Wahrheit sichrer, als wenn’s hundert waren.
- Denn du betratest arm und tiefgebeugt
Das Feld, den guten Samen dreinzubringen,
Der einst die Reb’ und jetzt den Dorn erzeugt."
- Ich sprach’s und hörte durch die Sphären klingen
Der Sel’gen Lied: Herr Gott, dich loben wir!
In Melodien, wie sie nur jene singen.
- Und jener Herr, der Zweig um Zweig mit mir
Emporklomm und mich prüfend also führte,
Daß ich erreicht des Gipfels Höhe schier,
- Sprach weiter: "Wie dein Herz die Gnade rührte,
Erschloß sie dir den Mund auch wundersam,
Drum öffnet’ er sich jetzt, wie sich’s gebührte;
- Drum billigt’ ich, was ich aus ihm vernahm.
Doch was du gIaubst, das sollst du jetzt bekunden,
Und auch woher dir dieser Glaube kam." –
- "O Heil’ger," sprach ich, "der du hier gefunden,
Was du so fest geglaubt, daß du den Fuß
Des Jüngern einst am Grabmal überwunden,
- In meinem Wort soll, dies ist dein Beschluß,
Auch meines Glaubens Form dir klar erscheinen,
So auch, warum ich also glauben muß.
- So hör’: Ich glaub an Gott, den Ew’gen, Einen,
Der, unbewegt, des Himmels All bewegt,
Durch Lieb’ und Trieb zu ihm, dem Ewigreinen.
- Und nicht Vernunft nur und Natur erregt
Den Glauben mir und gibt mir die Beweise;
Die Offenbarung auch, so dargelegt
- Moses, Propheten, Davids Sangesweise,
Das Evangelium, und was ihr, vom Schein
Des Geists erleuchtet, schriebt zu Gottes Preise.
- Ich glaub’ an drei Personen, eins in drei’n,
Dreifach in einem Wesen, einem Leben,
Und Ist und Sind gestattet ihr Verein.
- Von dieser Gotteseigenschaft, die eben
Mein Wort berührt, hat meinem innern Sinn
Das Evangelium das Gepräg’ gegeben,
- Dies ist der Funke, dies der Glut Beginn,
Die dann lebendig in mir aufgestiegen,
Der Stern, von welchem ich erleuchtet bin."
- So wie der Herr, erst horchend mit Vergnügen,
pur gute Nachricht in der Freude Drang,
Zuletzt den Knecht umarmt, wenn er geschwiegen;
- Also das Licht, das dreimal mich umschlang,
Als ich geendet, was es mir befohlen,
Mich segnend mit dem himmlischen Gesang –
- So hatte, was ich sprach, mich ihm empfohlen.
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