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Gleichwandelnd, als im Joch zwei Stiere gehn, Mit ihm, der so beladen, eine Weile Noch ging ich, weils mein Lehrer ließ geschehn, Bis mir der teure rief: »Nun laß ihn, eile! Mit Segeln fördre jeder, wie er kann, Und Rudern hier sein Schifflein, sich zum Heile.« Da reckt' ich, wie's zum Wandeln taugt dem Mann, Den Nacken, hielt den Sinn mir gleich darnieder, In Staub den Hochmut beugend, was ich sann. Ich rührte mich, und willig folgt' ich wieder Des Meisters Schritt, und beide zeigten wir, Wie leicht und wie behende unsre Glieder. Und zu mir sprach er: »Schau zu Boden hier! Dir frommt zu sehn, was deiner Sohlen Bette, Denn siehe, deinen Weg erleichterts dir.« Wie auf der Abgeschiednen Ruhestätte Ihr Abbild, wie sie leibten, pflegt zu tragen Der Grabstein, daß es ihr Gedächtnis rette – Denn stets aufs neue reizt, um sie zu klagen, Der Stachel des Erinnerns, das allein In fromme Seelen seinen Sporn will schlagen –, So sah ich bildgeziert (nur daß den Schein Dort höhre Kunst getreuer weiß zu wahren), So weit als Weg es vorspringt, das Gestein. Sah diesseits ihn, den, aller Engelscharen Fürnehmsten, Gott erschuf im Weltenrund, Im Wetterstrahl vom Himmel niederfahren; Sah Briareus genüber, wie er wund Vom Pfeile lag der Himmlischen darnieder, In Todesstarre wuchtend auf dem Grund; Sah Mars und Pallas, sah den Gott der Lieder, Bewehrt noch, um den Vater stehn und schauen Auf der Giganten hingestreckte Glieder; Sah Nimrod, wirr schon, auf Sienas Auen Umschaun nach seines Übermuts Genossen Am Fuß des Riesenwerkes, das sie bauen. 207 O Niobe, wie sah ich dich zerflossen In Tränen dort, da sterbend um dich lagen, Sieben und aber sieben, deine Sprossen! O Saul, wie mußt' ich da dich sehn: erschlagen, Gefällt vom eignen Schwert auf Gilboa, Das Regen mied und Tau seit deinen Tagen! Arachne, Törin, wie verstört ich da Dich, halb schon Spinne, auf des Webichts Fetzen, Drein Unheil du dir wirktest, sitzen sah! Rehabeam! Nicht dräuet mehr Entsetzen Dein Bildnis; schreckensbleich trägt dich davon Ein Karren, eh sie aus dem Land dich hetzen! Es wies der Felsengrund, wie teuren Lohn Die Mutter für das Unheils-Goldgeschmeide Alkmäon rächend zahlen läßt, ihr Sohn; Wies Sanherib, wie seine Söhne beide Ihn überfallen in des Tempels Hut Und tot er blieb von ihres Schwertes Schneide; Wies Cyrus' Fall, wie Tomyris in Wut Sein Haupt gehöhnt, das Beute ihr geworden: »Der Blut du lechztest, trink dich satt am Blut!« Wies auf der Flucht dann der Assyrer Horden, Nach Holofernes' Tod aufs Haupt geschlagen, Samt den Trophän nach solchem Männermorden; Ich sah, wie Trojas Mauern wüste lagen: O Ilion, wie jammervoll, wie klein Wies dich das Bild, das da der Stein getragen! Wer mag des Stifts, des Pinsels Meister sein, Die so Gestalt und Miene wiedergeben, Daß Kenneraugen staunen macht der Schein? Die Toten tot, lebendig, die da leben – Wers wahrhaft sah, sah's besser nicht als ich, Der hinschritt, ohne meinen Blick zu heben. So bläh nur, Evasbrut, und brüste dich! Trag hoch die Stirn, laß ja den Kopf nicht hangen, Zu schauen, wie dein Fuß vom Wege wich! – Mehr hatten wir vom Bergesrund umgangen, Und höher sah ich schon die Sonne stehn, Als sichs mein Sinn gedacht, in Schaun befangen: 209 Da rief, der wachsam, ohne umzusehn, Mir stets voranging: »Heb nun auf die Lider! Nicht Zeit ist mehr, so träumend hinzugehn. Sieh dort! Ein Engel, der zu uns hernieder Im Fluge lenkt; und sieh, von ihrer Pflicht Kehrt ja des Tages sechste Magd schon wieder. In Ehrfurcht neig ihm Haupt und Angesicht, Daß gnädig er uns weist zu höherm Kreise: Schau, nie mehr tagt dir dieses Tages Licht!« Zu wohl war ichs gewohnt auf dieser Reise, Daß er gemahnt, zu nützen Stund und Zeit, Als daß mir fremd geklungen solche Weise. Das schöne Wesen nahte, weiß das Kleid, Das Antlitz gleich dem Stern im Himmelsreigen, Der flimmernd strahlt in Morgenherrlichkeit. Er breitete die Arme, und im Neigen Die Flügel breitend, sprach er: »Kommt herein! Nah ist die Stiege, sänftlich nun das Steigen. Gar spärlich stellts auf diesen Ruf sich ein. Müßt ihr, die doch zum Himmelsflug beschieden, Von jedem Hauch zu Fall zu bringen sein?« So führt' er hin, wo sich die Wände schieden, Und wie die Stirn mir fächelnd angeweht Sein Fittich, hieß er hingehn mich in Frieden. Wie's rechter Hand bergan zum Kirchlein geht, Das über Rubacont herab sieht, schauen Sie, die so schön in treuer Obhut steht; Wie dort des Anstiegs Steile, wohlbehauen, Die Stufen zähmen, die gefugt in Zeiten, Da Handschrift noch und Eichmaß war zu trauen, So war gestuft, der hier in jähem Gleiten Vom nächsten Ringe niederstürzt, der Hang; Doch streift die Felswand man zu beiden Seiten. Kaum wandten wir uns hin, da tönt' ein Sang: »Selig, die arm im Geiste . . .« Keine Worte Tun kund, wie dieser Stimme Singen klang. Wie anders tönts an dieser Felsen Pforte Als dort in Höllen: hier grüßt Liederchor, Wehklagen wilden Grimms am andren Orte! 210 Die heiligen Stufen stiegen wir empor, Und weitaus leichter kam ich mir als eben Auf ebnem Wege jetzt im Steigen vor. So frug ich: »Meister, sag, was will das geben? Welch eine Bürde ist von mir gewichen, Daß mühelos ich schier den Fuß kann heben?« Drauf er: »Wenn jene P, die, bald erblichen, Auf deiner Stirn noch stehen, so wie jetzt Das erste schon, erst ganz hinweggestrichen, Zwingt guter Wille deinen Fuß zuletzt, Daß du ihn nicht nur ohne Müh wirst regen, Daß er das Steigen gar zur Lust sich schätzt.« Da tat ich so, wie wer auf seinen Wegen Am Haupte trägt, was selbst er nicht erkannt, Bis andrer Winke Argwohn ihm erregen; So hilft ihm zur Gewißheit denn die die Hand: Die sucht und findet, muß den Dienst versehen, Den da zu tun das Auge nicht imstand. Zur Stirn, gespreizt, die Rechte hieß ich gehen; Drauf fand sie von den Malen, die mir da Der mit den Schlüsseln eingrub, sechs nur stehen. Und mein Geleiter lächelt', als ers sah. |