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O sinnlos Mühn der Sterblichen! Wie werden Zunicht die Gründe, die, mit Fleiß erdacht, Hernieder deine Flügel ziehn zur Erden! Der wirft sich auf die Rechte, den entfacht Hippokrates, der strebt ins Amt der Pfaffen, Der, mit Gewalt und Trug, nach Herrschermacht; Der will mit Raub und der im Handel raffen, Der frönt der Fleischeslust; im Müßiggange Läßt jener Leib und Seele gar erschlaffen: Ich aber, ledig nun von all dem Zwange, Ich kam, mit Beatrice Hand in Hand, Glorreich im Himmel droben zum Empfange! – Da kreisend jeder auf den ersten Stand Zurückkam, blieb er stehn auf seiner Stelle Still, wie im Leuchter strahlt der Kerze Brand; Und aus dem Lichte fiel, das an der Schwelle Mich schon gegrüßt, die Stimme wieder ein, Und lächelnd strahlt' es noch einmal so helle: »Wie ich von seinem Strahl der Widerschein, So seh ich, schauend nach dem ewigen Lichte, Was dir zu denken gibt, in ihm allein: Dein Zweifel heischt, daß ich noch einmal sichte In klarer Rede, mit Bedächtigkeit, So, daß in deinem Sinn es jetzt ihn schlichte, Was ich gesagt: daß dort man wohl gedeiht Und daß kein zweiter so sich konnt erheben; Das gilt es recht zergliedern zum Entscheid! Die Vorsehung, die alles Sein und Leben Nach ihrem Ratschluß lenkt, auf dessen Grund Zu schauen keiner Kreatur gegeben, Sie wies, daß sichren Schrittes, treu dem Bund Dem Bräutigam die Braut entgegeneile, Ihm angetraut, wie's laut bezeugt sein Mund, Mit seinem teuren Blut – wies ihr zum Heile Zween Häupter an, als Lenker ihr zu dienen, An diesem der und der an jenem Teile. 352 In Gluten ganz, gleich hohen Seraphinen Stand dieser; weisheitsvoll auf Erden war Der andr' ein Strahl vom Licht der Cherubinen. Vom einen red ich: wen von diesem Paar Du rühmen magst, du wirst sie beide loben, Weil eins im Ziel ihr Wirken immerdar. Springt zwischen Bach Tupin und dem, der oben Sankt Ubalds Bühl entquillt, ein Hang hervor, Fruchtbar, vom hohen Berg, der Frost von droben Und Glut Perugia schickt durchs Sonnentor, Dieweil ums schwere Joch dahinter klagen Noceras Not und Gualdos Leid im Chor. Dort sah, wo minder steil die Hügel ragen, Die Welt, wie jeweils aus des Ganges Welle Die unsre, eine neue Sonne tagen. Nicht sag Ascesi drum, wer jene Stelle Will nennen; viel zuwenig sagt' er ja! Sonnaufgang heiße, was uns strahlt so helle. Noch war ihr Lebenstag dem Aufgang nah, Als ihrer hohen Tugend zum Beginne Einst erstes Leuchten schon die Welt ersah: Dem Vater bot der Jüngling, fest im Sinne, Trotz um ein Weib, dem gleich dem bittren Tod Kein Mann das Tor noch aufgetan der Minne. Die Hand vor seines Sprengels Obern bot Er gegenwarts des Vaters ihr zum Bunde, Drauf heißer Tag für Tag sein Lieben loht. Seit ihres ersten Gatten Todeswunde Verschmäht, im Dunkel saß sie, ungefreit Elfhundert Jahr und mehr zu jener Stunde. Umsonst die Kunde, wie sie Sicherheit Amyclas bot bei jener Stimme Dräuen, Die alles beben machte weit und breit; Umsonst auch, daß sie standhaft, ohne Scheuen, Da selbst Maria blieb am Fuße stehen, Mit Christus weint' an seinem Kreuz in Treuen. Doch länger nicht im Dunkeln mehr zu gehen, Hör an: in solch gepriesnem Liebespaar Sollst du Franziskus und die Armut sehen. 353 Die Eintracht, ihre Mienen heiter klar, Liebe, Entzückung, holder Blicke Grüßen Weckt' heilig Sinnen, wo man es gewahr: So sucht' als erster denn mit bloßen Füßen Der würdige Bernhard solchen Friedens Hut, Schien, wie er eilte, Säumnis schon zu büßen. O Reichtum ungekannt! O glückhaft Gut! Barfüßig folgt' Ägid des Bräutigams Tritten, Barfuß Silvester, für die Braut in Glut. So, mit der Gattin, in der Brüder Mitten, Die frommer Demut Strick gegürtet schon, Ist, Vater er und Meister, vorgeschritten. Nicht, daß er Peter Bernardones Sohn, Hieß zaghaft ihn die Wimper niederschlagen, Nicht, daß er angestaunt mit Spott und Hohn: Ein König, kam er, Innozenz zu sagen Sein streng Gelübd, und hat für solche Lehr Von ihm das erste Siegel heimgetragen. Als dann der armen Brüder mehr und mehr Ihm folgten, dessen wundergleichem Leben Baß Lob singt, wer dem Himmel singt zur Ehr, Da hat des hohen Stifters heiligem Streben Durch Papst Honorius die zweite Krone Der Geist des Ewigen zum Lohn gegeben. Dann pries er vor des Sultans stolzem Throne, Von heißem Durst nach Märtyrtum entbrannt, Den Christ und die gefolgt dem Gottessohne; Doch weil zum Heil das Volk er unreif fand, So weiht' er sich, kein unnütz Wort zu sagen, Aufs neu dem Erntefeld im welschen Land; Empfing, wo Felshöhn schroff vom Tiber ragen Zum Arno, Christi letztes Siegel dann, Das seine Glieder noch zwei Jahr getragen. Als dems gefiel, der solches Heil ihm sann, Zu jenem Lohn ihn zu erhöhn im Sterben, Den all sein Selbsterniedern ihm gewann, Befahl den Brüdern er als rechten Erben Die Fraue, ihm so teuer, allezeit In Liebe, treugesinnt um sie zu werben. 354 Es wollt' aus ihrem Schoß zur Herrlichkeit Der Heimat die verklärte Seele schweben: All andre Bahre war dem Leibe leid. – Schau nun, was jener wert, der dort im Leben Ihm würdiger Werkgenoß, auf hohem Meer Sankt Peters Schifflein rechte Fahrt zu geben; Und das war unser Stifter. Wahrlich, wer, Wie er gebot, dem Lenker folgt in Treue, Weiß wohl, er fährt mit guter Fracht daher. Doch seine Herde lüstets heut auf neue, Ganz andre Kost, da kanns nicht anders sein, Als daß im Dickicht sich der Schwarm zerstreue Je weiter von ihm weg so querfeldein Sie schweift, je leerern Euters zu den Ställen Heim kehren dann die Schäflein insgemein. Noch gibts ein paar, die sich zum Hirten stellen Und nehmen wohl vor Schaden sich in acht, Doch brauchts für deren Kutten wenig Ellen! Jetzt, wenn dein Ohr fein achtsam auf der Wacht, Wenn nicht zu kraftlos meine Worte klangen, Wenn, was ich sagte, wohl dein Sinn bedacht, Befriedets dir zur Hälfte dein Verlangen: Du siehst, wovon der Baum zerspellt derzeit, Siehst die Bedingnis, dran die Worte hangen, Daß, wer nicht irrt vom Wege, wohl gedeiht.« |