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Die Sonne, die mein Herz schon macht' entbrennen, Hat hehrer Wahrheit holdes Angesicht Enthüllt, da Recht und Fehl sie lehrt' erkennen; Und ich, vom Wahn bekehrt zu ihrem Licht, Ich hob im Augenblick das Haupt schon immer, Ihrs zu bekennen, wie es Fug und Pflicht. Da hatt ich ein Gesicht, von dessen Schimmer Gefesselt nur aufs Schaun ich lüstern war, Und meiner Beichte da gedacht' ich nimmer.317 Wie helles Glas, durchsichtig ganz und gar, Wie, nicht zu tief, daß man im Grund die Steine Noch schimmern sieht, ein Wasser, still und klar; Wie unsrer Züge Spiegelbild das reine So zart zurückgibt, daß nicht matter schier Auf weißer Stirn der Perle Glanz erscheine: So sah ich rings, bereit zu reden, hier Manch Antlitz; drum der Wahn, der Mensch und Quelle In Liebe einte, sich verkehrt' in mir. Kaum daß ich sie gewahrte, kehrt' ich schnelle, Im Wahn, ein Spiegelbild nur sei's, mich um, Zu schauen, wer leibhaftig da zur Stelle; Und sahe nichts! Zum Lichte wandt ich drum, Das lächelnd in dem heiligen Auge brannte Der Lenkerin, das meine wiederum. »Nicht staune, daß ich lächeln muß«, bekannte Sie da, »des kindschen Wahnes, der sich nicht Auf wahrem Grund zu fußen traut und wandte Zum leeren Scheine sich, wie's oft geschicht. Du siehst, was wahr! Siehst diese hier am Orte, Weil sie versäumten die gelobte Pflicht. So sprich und hör und glaube ihrem Worte, Denn das wahrhaftige Licht, das ihnen lacht, Läßt nimmer weichen sie von diesem Horte.« Zum Schemen wandt ich mich, der meist bedacht Mit mir zu reden schien, um anzuheben, Wie wen das Drängen wirr der Wünsche macht: »Wohlschaffne Seele, die vom ewigen Leben In seinem Licht die Süße schmecken kann, Die keiner faßt, dems nicht zu schaun gegeben: Tu mir zu Dank, sag deinen Namen an Und tu das Los mir kund, das euch geschehen!« Drauf, lachenden Auges, willig sie begann: »Nie sperrt ihr Tor die Liebe frommem Flehen, So wenig unsre wie ihr ewiger Hort, Der sein Gesicht sich selbst will ähnlich sehen! Ich war auf Erden fromme Schwester dort, Und ward ich schöner hier, soll michs nicht hehlen, Hilft deinem Sinne dein Erinnern fort. 318 Dann kennst du mich, Piccarda, kannst nicht fehlen: Mich, die im Kreis hier, der am trägsten kreist, Nun selig bin mit jenen seligen Seelen. Ja, unsre Herzen, die der Heilige Geist Allein entflammt mit seinem Wohlgefallen, Beglückt der Strand, den sein Gebot uns weist; Und darum ward dies Los uns, das vor allen So niedrig scheint, weil, säumig unsrer Pflicht, Wir nicht gelebt, wie wir gelobt zu wallen.« Drauf ich zu ihr: »In eurer Augen Licht Strahlt so ein Göttliches, dem wundervollen, Das wandelt euer einstig Angesicht; So hatte mein Erinnern säumen wollen; Nun hilft, was du gesagt, daß hell in mir Aufs neu Gestalt gewinnt, was schon verschollen. Doch sag: verlangt euch nicht, die selig hier, Nach höhern Höhen, heller noch zu sehen, Und daß euch kränze reichrer Liebe Zier?« Sie lächelt' und die ihr zur Seite gehen, Gab alsobald Bescheid dann, frohgemut, Wie die in Flammen erster Liebe stehen: »Uns, Bruder, stillt das Herz der Liebe Glut, Heißt uns verlangen nur, was uns gegeben! Kein andrer Durst uns nimmer wehe tut. Wollt' unser Wunsch nach höherm Rang sich heben, So müßt er jenem Willen, dessen Bann Allhier uns wies die Stätte, widerstreben. Daß solcher Trotz hier nicht gedeihen kann, Wo, Kreis um Kreise, Liebe nur darf schalten, Du siehst es, schaust du recht ihr Wesen an! Nein, selig sein heißt hier: allein sich halten An Gottes Willen, daß, in ihm beschlossen, Der unsre eins mit Seines Willens Walten. Und wo wir stehn auf dieses Reiches Sprossen, Gefällt es uns, wie's seinem Herrn gefallen, Des Willen in den unsern sich ergossen. Sein Wille ist der Friede hier uns allen: Das Meer, drein alles mündet allzugleich, Ob Er es schuf, obs wuchs im Erdenwallen.« 319 Da ward mir klar: so weit das Himmelreich, Ist Paradies, taut schon nicht jedem Kreise Des höchsten Gutes Gnade völlig gleich. Allein wie wer, schon satt der einen Speise, Nach andrer noch verlangt und heischt hinfort Von der und dankt für jene, gleicherweise Nun mit Geberde tat ich und mit Wort, Von ihr zu wissen, was zu End zu weben Ihr Schifflein denn versäumt auf Erden dort. »In höherm Himmel weilt um heilig Leben Und hehr Verdienst ein Weib; der folgt in Tracht Und Schleier«, sprach sie, »wie sie's angegeben, Wer bis zum Tod dem Bräutigam schläft und wacht, Der all Gelöbnis annimmt, so auf Erden Ihm wohlgefällig Liebe dargebracht. Ich floh, noch jung, ihr Folgerin zu werden, Die Welt und hüllte mich in ihr Gewand, Dem Weg mich weihend ihrer heiligen Herden. Die, deren Sinn zumeist auf Arges stand, Sie rissen mich aus meiner trauten Zelle: Gott weiß es, wie mein Leben dann bewandt! Die Leuchte, die zur Rechten mir die Stelle Du halten siehst, entflammt von allem Licht, In dessen Glanze unser Rund so helle, Litt gleiches Los: sie hielt Gelübd in Pflicht, Und ihres heiligen Schleiers Schatten rissen Zwang und Gewalttat ihr vom Angesicht. Doch ob sie wieder Willen und Gewissen Ins Wehn der Welt zurückgetrieben war, Des Herzens Schleier ward ihr nie entrissen! Konstanzes Licht, der hohen, scheint so klar, Die Schwabens dritten Wettersturm dem zweiten, Der hehren Mächte letzten dann gebar.« Sprachs, hub, lobsingend dann der Benedeiten, »Ave Maria« an und schwand im Sange Wie schwerer Stein in tiefes Wassers Weiten. Mein Blick, der ihrem Flug gefolgt so lange, Wie ers vermocht, er kehrte, da sie schwand, Zurück nun, abgelenkt von stärkrem Drange; 320 Hat ganz zu Beatrice sich gewandt, Doch strahlte, daß ichs lange nicht ertragen, Ins Auge mir ihr Antlitz, hell, entbrannt, Und also ward ich säumiger zu fragen. |