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Entrückt schon freute ihres Schauens sich Die selige Leuchte, und wie sie, die lichte, Das Bittre mir versüßend, tat auch ich; Und die mich zog vor Gottes Angesichte, Sprach: »Laß dies Sinnen! Denke nur, wie nah Ich Ihm, der alle Unbill macht zunichte.« 379 Ich wandte nach dem Laut der Liebe da Zu meinem Troste mich und kanns nicht sagen, Wie liebend ich ihr heilig Auge sah; Nicht nur, weil ich am Worte muß verzagen: Weil, ohn Geleit, sich nie mehr über sich So hoch der Geist zu schwingen könnte wagen. Nur eines weiß ich: ledig fühlt' ich mich, Da ich auf sie mein sehnend Auge richte, Und frei von allen andren Sehnens Stich; Denn ewige Wonne, die mit ihrem Lichte In Beatrice leuchtet, stillt' es mir, Zurückgestrahlt vom holden Angesichte. Mit ihres Lächelns Schein mich blendend schier: »Merk auf«, gebot sie, »Paradiesesweben Ist nicht allein in meinen Augen hier!« Wie sich hienieden wohl ein heißes Streben, Wenns ganz und gar die Seele übermannte, Im Antlitz sichtbarlich weiß kundzugeben, So, als ich zu dem heiligen Licht mich wandte, Ward sein Begehr noch mehr zu sagen, mir Am Glanze kund, der heller noch entbrannte. Dann sprachs: »Am fünften Zweig des Baumes hier, Der aus dem Wipfel sproßt, der Frucht zu tragen Nicht endet noch verliert der Blätter Zier, Sind Seelen selig, die in Lebenstagen An Ruhm so reich, daß aller Musen Chor Genüge ward, zu singen und zu sagen. Zu dieses Kreuzes Armen blick empor! Da wirst du, die ich nenne, kommen sehen, Wie Feuer aus der Wolke zuckt hervor.« Ich sah, das Kreuz entlang, ein Licht nun wehen, Sobald mir klang der Name Josua, Und hört's nicht früher sagen, ehs geschehen; Bei Makkabäus' hohem Namen sah Ich kreisend schon ein andres sich erheben: Die Wonne war des Kreisels Peitsche ja! Dann war begierig zweien nachzustreben Mein Auge, da er Karl und Roland nannte, Wie seinen Falken man verfolgt im Schweben. 381 Nach Rainouard und Herzog Gottfried sandte, Nach Wilhelm ich den Blick zum Kreuz empor, Nach Robert Guiscard, als ihr Licht entbrannte. Dann zeigte, der mir Rede stand zuvor, Den Lichtern allen dort gesellt im Reigen, Als Meister sich im Himmelssängerchor. Zur Rechten wandt ich mich, ob nicht mit Neigen, Ob nicht mit einem Worte meine Pflicht Mir jetzo Beatrice möchte zeigen; Und sah so strahlend ihrer Augen Licht, So heiter, daß verblaßt, was je und eben Ich noch geschaut in ihrem Angesicht. Gleichwie, war rechtem Wandel sich ergeben, Am Glück, das täglich höher ihn beglückt, Die Kraft sich wachsen fühlt zu heiligem Leben, So, da dies Wunder herrlicher geschmückt, Verspürt' ich, daß wir weitren Bogen schwangen Mitsamt dem Himmel, drein wir nun entrückt; Und wie die Farbe weißer Frauen Wangen Geschwinde wechseln, wenn sie abgetan Die Bürde scheuer Scham, die sie befangen, So fandens meine Augen, als sie sahn Das Licht, das jener milde Stern entsandte, Der sechste, der im Innern mich empfahn. Ich sah, was in der Jovisfackel brannte An Liebesglut, sich reihen zu den Zeichen, Drin unsre Sprache klar mein Blick erkannte. Wie Strandgeflügel sich von seinen Teichen, Als wollt's zum Mahl sich grüßen, rasch erhebt, In Reihen, krumm und grad, dahinzustreichen, So kamen dort in Lichten hergeschwebt Die heiligen Wesen, singend, und ihr Reigen Hat erst ein D, dann I, dann L gewebt. Erst nach der Weise, die dem Sange eigen, Schwang sich der Reihn, blieb dann ein Weilchen schweben, Der Zeichen eines bildend nun in Schweigen. O Göttin, die du Ruhm und langes Leben Dem Genius schenkest, der mit dir im Bund Die Weihe Städten soll und Reichen geben, 382 Dein Licht erleuchte mich, auf daß mein Mund Recht deute, was im Sinne mir geblieben; Tu deine Macht in diesen Reimen kund! Vokal' und Konsonanten, fünfmal sieben, Erschienen mir, und Silb um Silbe dort Merkt' ich mit Fleiße, wie es stand geschrieben: DILIGITE IUSTITIAM: Wort für Wort Ward so der Anfang jener Schrift erfunden; QUI IUDICATIS TERRAM, fuhr sie fort. Zum M gereiht des fünften Wortes, stunden Sie jetzo still, und Jupiter, er glich Dem Silberglanz, drein goldner Streif gewunden. Aufs Haupt des M sah Licht um Lichter ich Herab dann schweben und allda verharren, Lobsingend Ihm, der alle zieht zu sich. Und wie, wenn glimmend sich gestreift zwei Sparren, Zahllos die Funken stieben, draus so kühn Sich wahrzusagen pflegt das Volk der Narren, So sah ich dort vielhundert Lichter sprühn, Eins mehr, eins minder hoch, wie's ihm die Quelle Des Lichts bestimmt, von dem sie alle glühn; Und als nun jedes still an seiner Stelle, Sah eines Adlers Kopf und Hals gestaltet Von dieser Glut ich droben klar und helle. Kein Meister lehrte den, der da gewaltet: Er ist der Meister selber, Ihm entquillt Die Kraft, die auch im Neste sich entfaltet! Was auf dem M, von seliger Lust gestillt, Als Lilie noch geblüht, in raschem Schweben Vollendet's dann des hehren Zeichens Bild. O der Juwelen, die da Zeugnis geben, Du holder Stern, daß uns Gerechtigkeit Der Himmel, dran du prangest, heißt erstreben! Den Geist, der dich bewegt, der Kraft dir leiht, Ihn bitt ich, daß Er achte deiner Strahlen Und schau, von wann der Qualm, der sie entweiht; Daß Er aufs neu ergrimmt, wie dazumalen: Denn Kauf und Tausch im Tempel noch geschehn, Den Wunder auferbaut und Marterqualen. 383 Heerschar des Himmels, drein ich schau! Dein Flehn Gönn ihnen, die das Beispiel, das verkehrte, Auf Erden all den Irrweg lässet gehn! Sonst führte man die Kriege mit dem Schwerte; Heut sperren sie das Brot, das uns gegeben Der milde Vater, daß mans keinem wehrte. Doch wisse, der nur schreibst, ums aufzuheben: Die für den Weinberg starben, so verheert Durch deine Schuld, Sankt Paul und Peter leben! Du freilich sagst: Nach ihm allein begehrt Mein Herz, der Klausnerlebens sich beflissen Und dem ein Tanz den Märtyrtod beschert; Will nichts vom Paul und nichts vom Fischer wissen! |