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Mein Auge hing an meiner Herrin Wangen Schon wieder, und zu ihr nun wandte sich Mein Sinn, dem alles Trachten sonst vergangen. Doch sah ich sie nicht lächeln. »Lächelt' ich«, Begann sie, »so wie's Semele geschehen, Da sie zu Asche ward, so träf es dich! Denn meine Schönheit, die – du hasts gesehen – Noch immer lichter glüht, je höher wir Auf dieser ewigen Hofburg Staffeln stehen, Wenn nicht gedämpft ihr Licht, es gleißte hier, Daß wie ein Zweig, darein der Blitz geschlagen, Die Kraft, die sterblich, welken müßt in dir. Zum siebten Stern sind wir emporgetragen, Der an des glühenden Leuen Bug sein Licht Mit dessen Kraft zugleich der Welt läßt tagen. Laß deinen Sinn der Spur der Augen dicht Nun folgen, laß sie spiegeln das Geschmeide, Das dir in diesem Spiegel kommt in Sicht!« Könnt einer ahnen, welche Augenweide Ihr selig Antlitz war, als ich von ihr Zu andrer Schau mich wandte: wenn er beide, Eins um das andre, wägt, ermißt er hier. Wie michs beglückt, gehorsam mich erweisen Ihr, die Geleit im Himmelreiche mir! Im Demant, den das All wir sehn umkreisen, Den mit des Herrschers Namen, dem die Welt Vor ihrem Sündenfall gehorcht, wir preisen, 393 Wie Gold zu schaun, das lichter Strahl erhellt, Sah ich zum Himmel eine Leiter streben So hoch, wie nimmermehr mein Blick sich schnellt; Sah Glanz um Glanz die Staffeln niederschweben, Als wären Stern' um Sterne da geschart, So viele rings des Himmels Rund beleben. So wie zu Tagsbeginn nach ihrer Art Die Krähn, zu wärmen ihr erstarrt Gefieder, Auffliegen, dichten Schwarms, zu neuer Fahrt: Ein Teil streicht ab und läßt sich nicht mehr nieder, Ein andrer kehrt zurück zu seiner Stelle, Noch andre, kreisend, schweben hin und wider –, So sah ich sprühn der Funken Schwarm, die helle In einem Schwall sich nahten, bis am Rand Der einen Staffel brandet' ihre Welle. Und, der zunächst uns kam, der Feuerbrand Erstrahlte so, daß ich im Sinn mir sagte: »Wohl hab ich deiner Liebe Wink erkannt!« Doch bleibt, die stets um Wie und Wann ich fragte Zu Red und Schweigen, stumm; so dünkt mich gut, Die Frage zu verhalten, die mich plagte. Sie sah, was meine Zunge hielt in Hut, In dessen Sicht, der alles sieht am Tage: »So lösche«, sprach sie, »deines Sehnens Glut!« Und ich: »Nicht mein Verdienst macht meine Frage Der Antwort würdig, die sie heischt von dir; Doch ihr zulieb, auf deren Wink ichs wage, Du selig Wesen, das du in der Zier Dich birgst der lichten Wonne, die dir eigen, Sag, warum du so nah verharrst vor mir? Und sag: warum muß hier im Kreise schweigen Der Himmelschor, der fromm, voll Zuversicht So süß den untren klingt in ihrem Reigen?« »Dein Ohr ist sterblich wie dein Augenlicht! Das«, sagt' er, »hält uns hier den Mund verschlossen; Drum strahlt auch Beatrices Lächeln nicht. Ich aber stieg der heiligen Leiter Sprossen So tief herab nur darum, daß du mein Dich freust: am Wort, am Licht, das mich umflossen. 394 Nicht größre Huld ließ mich behender sein: So glühts und heißer droben auch bei ihnen, Die – daran kennst du's – sprühn so hellen Schein; Urliebe, die uns willig macht, zu dienen Dem ewigen Ratschluß, der da lenkt die Welt, Weist hier den Platz uns, wo wir dir erschienen.« »Ich seh«, versetzt' ich, »heilig Licht, euch hält Vor Gottes Thron hier euer freies Lieben Im Gleise, wie's der Vorsehung gefällt; Doch hart zu lösen ist mir das geblieben: Warum dir Vorbestimmung solche Pflicht Allein von den Gefährten vorgeschrieben?« Noch kam ich bis zum letzten Worte nicht, Als um den Kern sich drehend, der mitinnen, Dem schnellsten Mühlrad gleich sich schwang das Licht. Dann gab die Liebe Antwort, die darinnen: »Auf mich herab fällt göttlich Licht und scheint Durch dieser Strahlen Glanz, die mich umspinnen; Und seine Kraft hebt, meiner Sicht vereint, Mich über mich, daß solcher Klarheit Quelle, Der Wesen höchstes, meinem Blick erscheint. Daher die Lust, von der mein Glanz so helle! Denn sieh, je klarer meine Augen sahn, Je lichter glühn die Strahlen, die ich schnelle. Doch löst, wer aller Himmel Licht empfahn, Selbst der Seraph, der nie von Gott läßt weichen Den Blick, die Frage nicht, die du getan. Wonach du fragst, in Tiefen ohnegleichen Verbirgts der ewige Ratschluß allezeit, Wo's kein erschaffnes Auge kann erreichen. Das künde dort der Welt der Sterblichkeit, Kehrst du zurück, daß sie den Fuß zu heben Sich hüten nach dem Ziel, das allzu weit! Wo's hier dem Geiste licht, ist Dunst im Leben: Wie stünd ihm, frag dich selber, drunten frei, Was dem, der Himmelsbürger, nicht gegeben?« So wies zur Ruh sein Wort die Grübelei, Drum ich sie ruhen ließ und ihn zu fragen Demütig mich beschieden, wer er sei. 395 »Inmitten Welschlands beider Borde ragen Felshäupter, nahe deinem Heimatland, Wo du zu Füßen hörst den Donner schlagen; Dort unterm Gipfel, Catria genannt, Liegt eine Klause, ganz geweiht dem Leben, Das frommer Andacht einzig zugewandt.« Also, die dritte Antwort anzuheben, Begann er, fuhr dann fort: »Mit Innigkeit Hab ich dem Dienst des Herrn mich dort ergeben; Kost gab der Ölbaum nur, und allezeit Litt Frost ich gern und Hitze, mich mit frommen Gedanken tröstend in Beschaulichkeit. Frucht trug den Himmeln, die uns aufgenommen, Dies Kloster sonsten, heut liegts öd im Land, Und, wahrlich, bald muß das zutage kommen! Petrus Damianus war ich dort genannt, Petrus der Sünder binnen der vier Wände Von Unsrer Fraun am adriatischen Strand. Mein Erdenleben ging schon bald zu Ende, Als Bitt und Drängen jenen Hut mir bot, Der jetzt aus schlechten kommt in schlechtre Hände. Barfuß ging Kephas, darbend ging in Not Des Heiligen Geistes hehr Gefäß durchs Leben Und nahmen, wo's gereicht, ihr kärglich Brot: Den Hirten heut heißts zwieseit Stütze geben – So schwer sind die –; voran muß einer gehn Und einer hinterdrein die Schleppe heben; Kannst mit dem Mantel heut sie decken sehn Den Zelter: zwei Stück Vieh in einem Felle – O Langmut, die das alles läßt geschehn!« Er sprachs, und Stuf um Stufe sah ich schnelle Viel Flämmchen niederwehn und kreisen dann, Mit jeder Runde schöner noch an Helle; Und sie umringten den und hielten an Und ließen einen lauten Ruf erschallen, So, daß ichs keinem hier vergleichen kann Und nicht verstand, betäubt vom Donnerhallen. 396 |