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»So du mich flammen siehst in Liebesglut, Hell, wie's auf Erden drunten nie zu sehen, Daß deinem Auge gar Gewalt sie tut, Nicht wunder nehm es dich; das ist geschehen Aus höchst vollkommnem Schaun, das, wie's erkennt, Zum Gut, das so erkannt, lernt einzugehen. Schon seh ich, wie des ewigen Lichts am End In deinem Geist ein Schimmer widerstrahle, Dran Liebe stets von bloßem Schaun entbrennt. Was sonst euch Liebe weckt im Erdentale, Ist nichts als Abglanz nur von diesem Licht, Durchschimmernd unerkannt aus Hüll und Schale. Du wüßtest gern, ob für Gelübde nicht, Das aussteht, andrer Dienst Ersatz mag geben, Daß sich die Seele rette vom Gericht . . .« So fing den Sang die Selige an, nun eben, Wie wer nicht reißen läßt der Rede Faden, Mit heiliger Lehre wieder anzuheben: »Die höchste Gunst von Gottes Schöpfergnaden, Die seiner Güt und Huld vor andren wert, Die er am höchsten hält von allen Graden, Die Freiheit ists des Willens, deren Schwert Vernunftbegabten Wesen Gott – nur ihnen, Doch allzugleich – beschert' und noch beschert. Erwägst du das, muß dirs zur Schätzung dienen Für solch Gelübde, wenn, was dir gefällt, Gott selber wohlgefällig auch erschienen! Solch Pakt des Menschen mit dem Herrn der Welt Will eben jenen Schatz zum Opfer bringen, Der selber so zum Pfande sich bestellt. Wie sollte dafür je Ersatz gelingen? Wer wohltun will mit dem, was er geweiht, Will unrecht Gut zu gutem Werke dingen! Im Kern unfehlbar weißt du nun Bescheid; Doch scheint zu widersprechen meiner Lehre, Daß Nachlaß hier die heilige Kirche leiht, 326 Bleib denn bei Tisch ein Weilchen noch; die Schwere Der Kost verlangt, die eben du genossen, Ein Mittel, daß sie besser sich verzehre. Tu auf den Sinn und halte drin beschlossen, Was ich dir kund will tun. Bewahrt er nicht, Was er vernimmt, kann nirgend Weisheit sprossen! Zwei Dinge sind für solchen Opfers Pflicht Vonnöten: erstlich, was es soll enthalten, Sodann der Pakt, in dems der Mensch verspricht. Des Paktes quitt wird nur, wer ihn gehalten. Er ist es, dem vorhin, da scharf und klar Das Nein ich sagte, meine Worte galten. Blieb den Ebräern doch unwandelbar Die Pflicht, zu opfern, mocht auch Wandlung leiden – Du weißt es selber –, was zu opfern war. Der Gegenstand, das zweite jener beiden, Kann solcher Art sein, daß es kein Vergehn, Im Tausche sich mit andrem zu bescheiden. Doch nie darf Willkür der sich unterstehn, Durch Tausch von solcher Bürde loszukommen, Eh weiß und golden sich die Schlüssel drehn; Und nimmer, glaub mir, kann der Wechsel frommen, So das Erlaßne voll enthalten nicht, Wie vier in sechs, in dem, was übernommen. Was drum so hoch im Wert, daß sein Gewicht Jedwede Waage senkt, kann nichts im Leben Ersetzen, was statt seiner man verspricht. Nehmts nicht für Scherz, die Schwurhand aufzuheben! Seid treu im Halten und nicht blind zum Schwur, Wie Jephtha schwor, den Erstling hinzugeben! ›Fehl ging ich‹, sagt' er besser da, statt nur Noch schlimmer fehlzugehn, da ers vollbrachte; Schlimm, wie der große Fürst der Griechen fuhr, Der Tor, der Iphigenie weinen machte Um ihre Schönheit, weinen groß und klein, Vom Opferbrand zu hören, den er fachte. Seid festern Sinns, ihr Christen insgemein! Seid nicht wie Federflaum in jedem Winde! Wähnt nicht, ein jedes Wasser wasch euch rein! 327 Ihr habt von Moses, habt vom Jesuskinde Die Schrift, der Kirche Hirten zum Geleit: Was brauchts noch mehr, daß Heil die Seele finde? Lockt böse Lust euch fehl: seid Menschen, seid Nicht blöde Schafe, daß nicht eurer Schwächen Der Jude lacht im Schoß der Christenheit! Gleicht Lämmern nicht, die kindisch sich erfrechen, Die Milch der Mutter zu verschmähn, im Feld Dann spielend selber sich den Hals zu brechen!« So sprach, wie ichs in Reime hier gestellt, Die Selige, hob den Blick dann voll Verlangen Dahin, wo höchsten Lebens voll die Welt. Ihr Schweigen und ihr immer lichtres Prangen Gebot dem wißbegierigen Geiste Ruh, Vor dem schon neue Fragen aufgegangen; Und wie ein Pfeil zum Ziele schnellt im Nu, Noch eh des Bogens Strang zur Ruh gekommen, So eilten wir dem zweiten Reiche zu. Da jenes Himmels Glanz sie aufgenommen, Schien so verkläret meine Herrin mir, Daß hellern Lichtes der Planet entglommen. Und lächelte der Stern, verwandelt schier, – Ich, der auf alle Art dem Wandelbaren Noch untertan, wie stand ich da vor ihr? Wie wenn ein Brocken in die stillen, klaren Gewässer fällt, die Fischlein dort im Teich Geschwind herzu, ihr Futter witternd, fahren, So sah ich mehr als tausend Lichter gleich Uns nahn und hab aus aller Mund vernommen: »Der mehrt die Liebe noch in unsrem Reich!« Und wie ein jedes dann uns nah gekommen, Schien wonnerfüllt die Seele drin zu sein, So blitzend heller Glanz war dort entglommen. Schau, hielt' ich jetzo mit Erzählen ein, Wie machte Neugier dann, des Wunderbaren Noch mehr zu hören, dir, o Leser, Pein! So siehst du selber, wie michs zu erfahren Von ihrem Los verlangte, da sie grade Vor Augen mir mit ihrem Glanze waren. 329 »Du, der zum Heil geboren, den die Gnade Läßt schauen ewigen Sieges Thron und Hallen, Eh du am Ziel von deinem Kriegespfade: Vom Licht, das rings erstrahlt den Himmeln allen, Sind wir entflammt. So du nach solchem Scheine Verlangen trägst, nun still es nach Gefallen!« So von den frommen Seelen sprach die eine; Drauf Beatrice: »Sprich getrost nur, sprich! Und wie an Götterworte glaub an seine.« »Wohl seh ich ganz vom eignen Lichte dich Umsponnen, sehs in deinem Auge brennen, Draus, so du lächelst, trifft ein Blitzen mich; Weiß doch, erwählter Geist, dich nicht zu nennen, Nicht, was dir dieses Kreises Rang verliehn, Den nur verhüllt durch fremden Strahl wir kennen.« Mit solchem Gruße wandt ich mich an ihn, Der mir gesprochen, drauf ins Angesichte Mir heller noch sein Licht denn eben schien: So wie die Sonne, wenn des Nebels Dichte, Der sie gedämpft, verzehrt ihr heißer Strahl, Sich selber hehlt im überhellen Lichte, So barg sich, hellrer Wonne, dazumal Das heilige Bild in seiner Strahlen Kleide, Gab, dichter, dicht verhüllt, was euerer Wahl Im nächsten Sang ich singe, zum Bescheide. |