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Den 5ten Aprill 1796
Nun dancket alle Gott! Mit Hertzen Mund und Händen, der große Dinge thut – Ja wohl – an Euch, an mir mir, an uns allen hat Er Sich auf neue als den Manifestirt der freundlich ist und deßen Güte ewiglich wäret – gelobet seye Sein Heiliger Nahme Amen. Lieben Kinder! Gott seegne Euch in Eurem neuen stand! Der Vater und Mutter Nahme ist Ehrwürdig – O! Was vor Freuden warten Eurer – und glückliches Knäbelein! Die Erziehung solcher vortreflichen Eltern und Großeltern zu genüßen – wie sorgfältig wirst du mein kleiner Liebling nach Leib und Seele gepflegt werden – wie frühe wird guter Samme in dein junges Hertz gesäht werden – wie bald, alles was das schöne Ebenbild Gottes was du an dir trägst verunziren könte ausgerottet seyn – du wirst zunehmen an Alter – Weißheit und Gnade, bey Gott und den Menschen. Die Urgroßmutter kann zu allem diesem guten nichts beytragen, die Entfernung ist zu groß – Sey froh lieber Johann Georg Eduart die Urgroßmutter kan keine Kinder erziehen schickt sich gar nicht dazu – thut ihnen allen Willen wenn sie lachen und freundlich sind, und prügelt sie wann sie greinen, oder schiefe Mäuler machen, ohne auf den Grund zu gehen – warum sie lachen – warum sie greinen – aber lieb will ich dich haben, mich hertzlich deiner freuen – deiner vor Gott ofte und viel gedencken – dir meinen Urgroßmütterlichen Seegen geben – ja das kan, das werde ich. Nun habe ich dem jungen Weltbürger deutlich gesagt – was er von mir zu erwarten hat, jetzt mit Euch meinen Lieben großen Kindern noch ein paar Worte. Meinen besten Danck vor Eure mir so liebe und theure Briefe – sie thun meinem Hertzen immer wohl und machen mich überaus glücklich – besonders die Nachricht daß das päckgen wohl angekommen wäre, |: den darüber hatte ich große Besorgnüß :| machte mich sehr froh – den denckt nur!! wenn der Urgroßmutter ihr Machwerck worüber die gute Matrone so manchen lieben langen Tag geseßen und geklüppelt hat wäre verlohren gegangen, oder zu spät gekommen, das wäre mir gar kein Spaß geweßen – aber so, gerade zu rechter Zeit, vier Tage |: den ich guckte gleich in Calender :| zuvor ehe das Knäbelein ankam das war scharmandt. Der kleine junge hat mir den Kopf vor lauter Freude so verrückt, daß die eigendtliche Gratulation die doch nach der ordtenlichen Ordnung zu Anfang stehen solte, jetzt hintennach kommt – bedeutet aber eben so viel, und geht eben so aus dem Hertzen. Gott! Laße Euch Freude und Wonne in großem Maaß an Eurem Kindlein erleben – Es sey Eure Stütze auch in Eurem Alter – Es seye Euch das, was Ihr Euren Eltern und der Großmutter seidt das ist der beste Wunsch beßer weiß ich keinen. Liebe Frau Gevatterin! |: der Tittel macht mir großen Spaß :| wenn dieses zu Ihren Händen kommt da ist Sie wieder frisch und flinck – aber höre Sie, seye Sies nicht gar zu sehr – gehe Sie nicht zu frühe in die Aprill Luft den der hat seine Nücken wie die alte Gertraudt im Wansbecker Boten. Bleibe Sie hübsch in ihrem Kämmerlein biß der May kommt – damit kein Catar und Husten Sie beschweren möge – nun ich hoffe Sie wird guten Rath annehmen. Nun Lieber Herr Gevatter! Tausendt Danck nochmahls vor alle Eure Liebe – vor Eure schönen Briefe |: der Louise ihre mit eingeschlossen :| vor die gute hertzerfreuende Nachricht – vor die Gevatterschaft vor alles Liebes und gutes womit Ihr schon so manchmahl mein Hertz erfreut habt – Gott! Lohne Euch dafür – Behaltet mich lieb – Ihr lebt und schwebt in dem Hertzen derjenigen die ist und bleibt
Eure
treue Groß und Urgroßmutter
Goethe.
N. S. Der vortreflichen Frau Gräfin von Stollberg – wie nicht minder der Lieben Tante Jacobi meinen besten Danck vor Ihre Liebe und Freundschaft gegen meine Louise – Gott! Seegne Sie davor. Der Scharlot habe sogleich den Brief überschickt – Himmel! was wird die vor Freude greinen! das ist ein hertzgutes aber cuioses Geschöpf die greint bey Freude – die greint bey Leide – wens regnet und wenn die Sonne scheint – verdirbt Ihre Augen gantz ohne Noth und macht dem Urenckelein keine Spitzen!