Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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371. An Christiane Vulpius.

wenn ichs noch packen kan wird's
fortgeschickt d 21ten wo nicht d 25ten
Aprill 1806

Liebe Tochter!

Ihr Lieber Brief hat mir große Freude gemacht – es ist mir allezeit große Wonne von dem guten Fortgang der Gesundheit meines Sohnes zu hören – aber jetzt sind freudige Nachrichten doppelt wichtig – doppelt hertzerquickend! Die Frantzsosen scheinen uns noch nicht verlaßen zu wollen – unsere deputirten sind noch in Paris – was aus uns werden wird wißen wir nicht – u.s.w. Wer also in diesen nicht sehr erfreulichen Zeiten – den Geist aus der Düsternheit empor hebt – verdint Lob und Danck und das haben Sie Liebe Tochter an mir in reichem Maaße gethan. Da nun gutes gethan auch hir schon belohnt wird; so übersende Ihnen hirmit etwas das wie ich glaube in Ihrem Haußweßen brauchbaar sein wird – auch kommt ein Mercur zurück – damit der Jahrgang bey Ihnen nicht defect seye – er kam hieher – damit das Blättgen ins Stammbuch der Frau Senator Stock nicht verknittet werden möge. Die Beyden Todesfälle die Sie gehabt haben sind mir nahe gegangen – Augst hat mir sehr viel gutes von beyden erzählt – es thut freylich weh – gute Freunde zu verliehren – und kein Trost vermag was über ein betrübtes Hertz nur die Zeit ist der einzige Tröster – der wird auch bey Ihnen sein Ampt verrichten – und der Schmertz über den Verlust, wird je länger je mehr in den Hintergrund gestelt werden – Gott! Erhalte Ihnen noch lange und ihr Wohlbefinden wird mir immer glückliche Tage machen. Unser Augst reißt also in die weite Welt – weiter als von Stolppe nach Dantzig – wenn Er die Königin von Preußen zu sehen bekommt; so kan Er Ihr melden, daß die Großmutter noch gesund wäre – was wird Er Euch alles von dem prächtigen Berlin erzählen – Gott! Bringe Ihn gesund und vergnügt zurück. Jetzt kommt ein groß mächtiger Auftrag an den Herrn Geheimdten Rath von Goethe – den Sie Liebe Tochter wenn Er gut gelaunt gut gestimbt – und an seine Vatterstadt noch mit einigem warmen Antheil denckt – die Güte haben mögen Ihm vorzutragen. Unsere Schauspieler haben seit kurtzem einen Pentions-fond errichtet – jedes Mittglied Männer und Frauen gibt Montlich etwas von seiner Gage ab – zwey Vorstellungen im Jahr zu diesem Entzweck werden dazu gelegt – die erste Vorstellung in diesem Jahr war Nathan der weiße – und 900 f war die Loosung – Jetzt komme ich auf den Fleck jetzt zur Sache – das sämptliche Personahle der hiesigen Schauspieler Gesellschaft bittet durch mich um das noch ungedruckte Exemplar des Götz von Berlichingen! Sie meynen |: wie der Patriach im Nathan :| So was würde ihrem Fondt sehr wohl thun – und da doch Franckfurth sein Vaterland wäre; so hofften Sie auf gnädige Erhörung – und wenn Herr von Goethe zu dieser Gnade noch ein paar Zeilen an das Personale schreiben – seinen Nahmen drunter setzen wolte; so würde ihr Danck ohne Grentzen seyn. Jetzt Liebe Tochter! Wissen Sie die gantze Geschichte – Übelnehmen wird mir mein Sohn den Auftrag an Ihn nicht – Finden Sie Ihn einmahl gut gelaunt – so tragen Sie es Ihm vor u.s.w. Jetzt einmahl vom Wetter! das ist erbärmlich – ich habe von neuem Feuer im Offen – wir wollen Gedult haben – denn die Ungedult verdirbt nun gantz und gar alles – Laßen Sie mich nur bißweilen etwas gutes von Ihnen meinem Lieben Sohn – und dem Augst hören – das wird mir Kraft geben die Einquartirung und die Witterung zu ertragen. Behaltet Lieb

Eure
treue Mutter
Goethe.


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