Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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249. An Goethe.

den 1ten October 1796

Lieber Sohn!

Das ist das erstemahl daß ein Brief von hiraus nach Weimar ist verlohren gegangen – schon am 17ten September schickte dir einen zimmlich langen Brief – worinn der Abzug der Frantzosen – der Einmarsch der Kayerlichen – meine Empfindungen darüber – daß gute Croneburger Castanien durch Freund Gerning besorgt würden – ferner daß der dermahlige Christenkram bald abreißen würde – daß der mir zugeschickte Herr Doctor bey mir geweßen – und mehrre Dinge die ich jetzt wieder vergaßen habe. Solte mein Brief noch ankommen, so bitte dich recht sehr mir solches sogleich durch ein paar Zeilen zuwißen zu thun – nicht um des Briefs wegen denn da ist so viel nicht dran gelegen – sondern weil ich ihn durch jemand habe auf die Post tragen laßen auf den ich einen Argwohn habe – Den 26ten September ist der Kasten mit einem Fuhrmann gantz Francirt an dich abgegangen – unter den Edicten von hir – befindet sich die bezahlte Rechnung von Nothnagel – alles diß stunde im nicht angekommen Brief. Da du Strickgarn verlangst aber etwas unbestimt davon schreibst, so will ich aufs gerathe wohl 1 Pfund No. 5. schicken. Es fängt jetzo hir Gott lob und danck! wieder an etwas Lebendig zu werden – eins nach dem andern komt wieder – Gellert hat recht: schilt nicht den Unbestandt der Güter u. s. w. Der erste Zappenstreich von unsern Franckfurthern drang mir lieblicher ins Ohr – als die schönste Oper von Morzard – und da der Thürmer zum erstenmahl seine Zincken und Posauen erthönen ließ und – meine Hoffnung stehet feste auf den Lebendigen Gott: zu uns herrunter thönte sange ich unter hellen freuden Thränen mit. Mit deinem Brief vom 24ten September – muß doch auch ein Irthum vorwalten – den du läßt schreiben: Ich schicke hir wieder einige Mercure und Modejournahle – der Brief kam aber gantz Solo auf der reitendenpost – auch ist der Ort vergeßen von wannen der Brief kam – Ich bin immer in Franckfurth, daher ists nicht nöthig den Ort anzugeben – denn wenn du die Zeit in Jena warst, so habe noch Hoffnung daß mein Brief von 17 September nicht verlohren, sondern villeicht in Weimar liegen geblieben ist. Auf den 4ten Band des Romans freue ich mich hertzlich. Kanst du glauben daß die alte Räthin Moritz und der Pfarrer Claus den 3ten theil vom Willhelm geleßen – die Klettenbergern gleich erkandt – und sich hertzlich drüber gefreut haben. Lebe wohl! Empfehle mich doch auch einmahl wieder deinen Durchlauchten zu Gnaden – auch Freulein Thusnelde – ferner Gevatter Wieland – Krauße – Herder und seinem Weibe – Wir haben doch manche frohe Stunde miteinander gehabt – und Leben Gott Lob noch alle – da muß mann doch nicht thun, als ob das Schattenreich einem schon aufgenomen hätte – Zuweilen so einen freundlichen Blick so ein Kopfnücken oder der gleichen – thut einem auf seiner Wanderschaft sehr wohl. Die Ankunft des Kastens bist du auch so gütig zu berichten. Nocheinmahl Lebe wohl! Grüße alles in deinen Hauße von

deiner treuen Mutter
Goethe.


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