Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

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306. An Goethe.

den 7ten Februar 1801

Lieber Sohn!

Dein wieder besserbefinden so gar ein Brief von deiner eigenen Hand, hat mich so glücklich so schreibeselig gemacht, daß ich dir mit umlaufender Post antworte. Der 6te Februar da ich deinen mir so theuren Brief erhilt, war ein Jubel, ein Beth und Danckfest vor mich! ohnmöglich konte ich diese große Freude vor mich behalten, Abens war ich bey Syndicus Schlossern theilte meine Freude mit – und erhilt von allen die hertzlichsten Glückwünsche, auch zeigte mir Schlossern einen sehr guten Brief von dem Braven Seidel – die Stockin hatte auch deßgleichen von Demoiselle Kapspars – wir waren den gantzen Abend froh und frölig und alle alle laßen dich hertzlich grüßen. Unsere gantze Stadt war über deine Kranckheit in alarm – so wie deine Beßerung in den Zeitungen verkündigt wurde – regnete es Zeitungen in meine Stube – jedes wolte der erste sein, mir die frohe Nachricht zu hinterbringen – Herr und Frau Schöff von Wiesenhüten waren die ersten – gleich nach Tische kam Herr von Fleischbein – dann Tante Melbert u.s.w. Was ich gethan habe weiß niemand als – Gott! Vermuthlich ist dir aus dem Sinne gekommen was du bey deiner Ankunft in Straßburg – da deine Gesundheit noch schwanckend war in dem Büchlein das dir der Rath Moritz als Andencken mitgab, den ersten Tag deines dortseyn drinnen aufschlugs – du schriebst mirs und du warst wundersam bewegt – ich weiß es noch wie heute! Mache den Raum deiner Hütten weit, und breite aus die Teppige deiner Wohnung, spahre sein nicht – dehne deine Seile lang und stecke deine Nägel fest, denn du wirst aus brechen, zur rechten und zur lincken. Jesaia – 54.v.3.4.

Gelobet sey Gott!!! der die Nägel den 12ten Jenner 1801 wieder fest gesteckt – und die Seile aufs neue weit gedehnt hat. Nochmahls hertzlichen Danck, vor deinen Lieben Brief – thue mir die Liebe, und laße von Zeit zu Zeit mir Nachricht geben wie es um dich steht – Grüße meine Liebe Tochter – den Lieben Augst und Gott stärcke dich ferner an Seele und Leib dieses ist mein täglicher Wunsch und das Gebeth

deiner
treuen – frohen – Mutter
Goethe.


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