Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band II
Katharina Elisabetha Goethe

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

313. An Goethe.

den 19ten May 1801

Lieber Sohn!

Gestern ist die Vollmacht hir angelangt – und zwar in der besten Form – dancke dir im Nahmen der Menschen die sie nöthig haben. Daß die Sacktücher Euch wohl gefallen haben, freut mich gar sehr – auch daß der Sommerhut meiner Lieben Tochter behagt hat – braucht alles gesund und vergnügt. Daß du das Geld Ende May empfangen wilst, ist mir auch angenehm indem ich erst den 22ten die volle Zahl machen kann. Wir wissen gar noch nicht recht uns in unser Glück zu finden, daß keine Kriegs Völlcker mehr um und bey uns sind – und daß wir |: Gott sey Danck!!! :| bleiben was wir waren! Der Frantzöische Gesande der an unsere Stadt acreditirt ist hat ein sehr freundliches Schreiben von Bonaparte an unsere Obrigkeit mitgebracht. Freylich freylich ist noch etwas Wermuth bey dem Zucker – die Kriegs steuer die in diesem Monath wieder gegeben werden muß erweckt eben keine angenehme Empfindung – doch ich halte es mit Wielands schönem Sprüchlein wenn man den Teufel muß verschlucken muß man ihn nur nicht lang bekucken – und überhaubt, wer im Leben nichts erfahren hat – wer von Jugendauf auf seinen Hefen stille gelegen hat – nie aus einem Faß in andre gekommen ist – aus dem wird nichts – der Hefen Geschmack bleibt ihm, es wird nie ein guter Wein, Jeremias das 48. Capitel V.11. Nicht wahr, wenn die Mutter ins Schwätzen kommt denn gehts rasch weg – ja da sind meine Freunde schuld – die hören so was gern – da war der Georg Jacobi |: ach der arme Dichter kriegt wohl schwerlich etwas von Deuschlands großen Dichter vide die Kayerliche Reichspostzeitung in seinen Musen almanach vors Jahr 1802 :| der hörte gar zu gerne Frau Aja erzählen u.s.w. Grüße meine Liebe Tochter und sage Ihr, daß ich von diesem Jahr überschickt bekomen habe 3 Stück Mercure – 2 Stück Janus – 4 Stück Modejournahl – ersuche Sie mir ferner meinen Geist aufklähren zu helfen – wofür ich sehr danckbahr seyn werde. Heute gehe ich ins Opferfest – Morgen speiße ich bey Elise von Bethmann, und jetzt empfehle ich mich Euch allen zu liebevollem Andencken, und bin

Eure
treue Mutter Goethe.

N. S. Daß der Liebe Augst das Clavir lernt freut mich, grüße Ihn, Er soll recht fleisig seyn es wird Ihm vielen Spaß machen treibts doch die Großmutter noch und vor 70 Jahr machts sie gar nicht übel.


 << zurück weiter >>