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Über dem Märztag tiefblauer Sommerhimmel. Dann wachsen die Schatten, und mählich wird die Luft silbrig. Ich gehe zwischen den Gräbern der Revolutionsopfer. Es sind nur wenige Menschen da. Der Lärm der Großstadt verebbt.
Die Opfer von zwei Revolutionen! Von zwei Revolutionen, die wie Frühlingsstürme hereinbrachen und wie verregneter Herbsttag mit Rheuma in der Luft endeten.
Revolutionsopfer! Kämpfer für Ideen. Wir salutieren. Groß ist Sterben für die Idee. Groß ist es, das höchste Gut, das Leben, hinzugeben. Keine Niederlage der Bewegung als solcher kann das verkleinern oder widerlegen.
Vielfältig sind die Motive. Die Zeitgenossen mögen darüber rechten, die Späteren sehen nur ... das Grab.
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1848 ist für uns historisch geworden. Nur in besonderen Augenblicken weht uns der heiße Atem dieser Zeit an. Manches von dem, für das damals die jungen Bürger und Arbeiter auf die Barrikaden gingen, ist inzwischen Wirklichkeit geworden. Manches für immer verweht. Und manches harrt noch ... Groß-Deutschland!
Verwittert sind die alten Märzgräber. Mit Mühe entziffert man die Namen. Ein grauer Stein spricht mit eindringlicher Tragik wie am ersten Tag: »... ein unbekannter Mann!«
Die Freiheitskämpfer sind immer die Unbekannten. Auf dem hohen Postament der Weltgeschichte stehen Dschingis-Khan und Napoleon.
Und es sind auch frische Gräber da. Sie sprechen eine aktuellere Sprache: sie reden vom Wahnsinn des Bürgerkrieges!
»Als Parlamentär erschossen ...« Oder welch grausige Symbolik: Ein Name, und darunter »... erschossen am 6. Dezember 1918«. Ganz schlicht: erschossen! Kein Zweck, kein Ziel ... nur das dürre Resultat: erschossen!
Und doch: wie hart es klingt, dieses eine Wort ... auch hier Idee, unbewußte Sehnsucht, dumpfer Drang nach Licht und Luft. Denken wir daran, – nicht an verantwortungslose Demagogie, die Massen auf die Straße trieb.
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Ein Sommertag im März. Es werden noch Stürme kommen. Der März, der Monat der Revolution, ist der Monat der widerstrebenden Elemente. Nacheinander, durcheinander ... Sonne und Stürme, Licht und Nebel. Da ist etwas, was die Menschen verwirrt, sie ahnungsvoll macht ... über sich selbst hinauswachsen läßt ... zum Opfer!
Das ist die Märzpredigt. Das ist die Predigt des stillen Totenwinkels inmitten der steinernen Großstadtwüste.
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Dann auf der Rückfahrt vor dem Rathause die fällige Demonstration. Menschenmassen, rote Banner jeden Formats. Gewaltige Stimmen dröhnen. Schwitzende Ordner.
Und dazwischen die grüne Polizei. Bald beschwichtigend, bald scherzend, bald scheltend.
Moskau in Gruppenkolonne. Die polizeilich regulierte Demonstration wider die bestehende Gesellschaftsordnung.
O Deutschland ...!
Berliner Volks-Zeitung, 18. März 1921