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Den Molnárschen »Teufel« habe ich vor zehn Jahren einmal gesehen. Damals spielte ihn ein an und für sich guter Schauspieler mit aller Dämonie, die ein einzelner Mensch aufbringen kann. Und das ist bekanntlich ziemlich viel. Und nun Harry Walden. Zum erstenmal seit langer Zeit wieder in Berlin. Der Prinz Karl-Heinz von einst. O mein Herr, wie haben Sie sich verändert! Das soll keine Unfreundlichkeit sein, denn eben, daß der Künstler aus dieser Veränderung kein Hehl macht, das ist seine Stärke. Keine gelb gepinselte Teufelsfratze aus der Schreckenskammer, sondern ganz einfach ein gealtertes Komödiantenantlitz mit allen Krähenfüßen, die das Leben hineingekritzelt hat. Aber wie dieses Antlitz lebt, wie diese Augen bald faunisch blinzeln, bald kalt-suggestiv sich einbohren und bald vor Leben sprühen! Dieser Harry Walden verkörpert keine Theorie, und mancher Erzgescheite wird ihn heute über die Achsel anblicken. Soll unsere Bühne auf ein solches Temperament verzichten, der lieben expressionistischen Doktrin zuliebe? Wir wollen uns das Theater nicht aus dem Theater hinauswerfen lassen, und Komödie soll Komödie bleiben und in tausend Farben glitzern und gleißen und nicht vergessen, daß sie nicht nur Leben widerzuspiegeln hat, sondern auch holden und unholden Schein. Deshalb sei Harry Walden, dessen Spiel eindringlich diese Botschaft vorgetragen hat, in Berlin willkommen. – Bemerkt sei noch, daß die Vorstellung wirklich ganz pünktlich anfing, trotzdem Harry Walden mitspielte.
Berliner Volks-Zeitung, 4. Mai 1921