Walther von der Vogelweide
Gedichte
Walther von der Vogelweide

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Walther und Hildegund

L.73 Die mir in dem winter froide hant benomen

    Die mir Winters Freuden viel genommen,
Ob es Weib sei oder Mann,
Mag der Sommer ihnen gut bekommen –
Weh, daß ich nicht fluchen kann!
   Leider kenne ich nicht mehr
   Als den bösen Fluch »unselig« –
   Doch der wöge allzuschwer!

    Noch zwei arge Flüche kenn ich auch,
Wähl als passend sie geschwind:
»Hörten sie doch Esel schrein und Bauch
Morgens, wenn sie nüchtern sind!«
   Wehe ihnen dann, den Armen!
   Wüßt ich aber, daß sies reute,
   Wollt ich mich um Gott erbarmen.

    Zeigt Geduld man gegen Ungeduld,
Ists den Unverschämten leid.
Wen die Bösen hassen ohne Schuld,
Tankt es seiner Tüchtigkeit.
   Wenn mich Liebe trösten wollte.
   Die allein mich trösten kann,
   Nicht ihr Neid mich kümmern sollte!

    Schwören will ich bei der Liebsten Leib,
Hör sies selbst aus meinem Mund:
Lieb ich ander Mädchen, ander Weib,
Packe mich der Höllenschlund!
   Hegt sie irgend Treu und Liebe,
   So vertraut sie meinem Eid,
   Daß mein Herz beruhigt bliebe.

    Herrn und Freunde, helfet mir beizeit,
Sonst ergeht mirs schließlich so:
Kann ich siegen nicht im Minnestreit,
Werd ich niemals wieder froh.
   Meines Herzens tiefe Wunde,
   Die muß immer offen stehn,
   Wenn mich sie nicht küßt mit süßem Munde ...
   ...................................................

    Meines Herzens tiefe Wunde,
Die muß immer offen stehn,
Wenn nicht sie mich heilt bis tief zum Grunde ...
   .......................................................

Meines Herzens tiefe Wunde,
Die muß immer offen stehn,
Wenn sie heil nicht wird von ...

          Hildegunde.

Walthers Geliebte heißt natürlich nicht Hildegunde, er spielt mit diesem Namen nur auf das alte Heldengedicht »Walther und Hildegunde« an. Vgl. auch Seite 33.


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