Walther von der Vogelweide
Gedichte
Walther von der Vogelweide

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Fruchtlose Erziehung

L. 101. Selbwahsen kint, du bist ze krump

    Halsstarrig Kind, du bist zu krumm,
Es biegt dich keiner grade mehr;
Der Rute bist du leider schon zu groß,
Dem Schwerte noch zu klein –
So schlaf in Ruhe denn vor mir!
   Ich halte schier mich selbst für dumm,
Daß ich dich ehrte allzusehr;
Ich barg die Unart dein in Freundes Schoß,
Mein Leid band ich ans Bein –
Und tief verneigt ich mich vor dir!
   Nun sei dein Lernen lehrerlos,
Ich kann nicht länger meistern dich,
Vermags ein andrer, der dir mehr
Behagt, wohlan! so freu es mich.
Doch weiß ich wohl, wenn seine Kraft
Zu Ende geht und nichts mehr schafft,
Noch etwas lockt aus dir herfür,
So steht der Herr mit seiner Kunst
Bald ratlos vor der Tür!

In diesen und den beiden vorigen Gedichten ist zu bemerken, daß Kaiser Friedrich dem Dichter die Erziehung seines Sohnes Heinrich anvertraut hatte. Doch schon 1125 gab er diese undankbare, erfolglose Stellung als Lehrmeister wieder auf. Diese drei Sprüche scheinen für seinen Zögling gedichtet zu sein.


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