Walther von der Vogelweide
Gedichte
Walther von der Vogelweide

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Verlorene Liebesmüh

L. 52. Min frouw ist ein ungenaedic wîp

    Meine Herrin ist ein grausam Weib,
Daß sie also lieblos an mir tut.
   Hielt ich meinen jugendfrischen Leib
Ihr zu Diensten doch und hohen Mut!
   O, wie war ich da beglückt:
   Hin ists und verdorben!
   Was hab ich erworben?
Anders nichts als Kummer, der mich drückt.

    Weh um meiner Jugend Wonnezeit,
Deren ich so viel versäumt bei ihr!
   Ewig schafft es meinem Herzen Leid,
Wird die Hoffnung so zunichte mir.
   Nicht des Zwanges hartes Muß
   Wecket meine Klage –
   Die verlornen Tage
   Reuen mich und machen mir Verdruß.

    Schöner Antlitz sah ich nimmerdar,
Aber nicht ins Herz ihr könnt ich sehn;
   Drum ward ich betrogen ganz und gar:
Meiner Treue ists zum Lohn geschehn.
   Hätt ich doch der Sterne Schar,
   Monde all und Sonnen
   Zum Geschenk gewonnen,
Ja, bei Gott – ich gäb sie ihr fürwahr!

    Niemals nahm ich solcher Sitte wahr:
Ihren treusten Freunden ist sie gram,
   Doch mit Feinden tut sie freundlich gar,
Was noch nie ein gutes Ende nahm.
   Ja, so wird zuletzt es gehn,
   Freund und Feind, sie beide
   Lassen sie im Leide –
Läßt sie Unrecht Freund und Feind geschehn.

    Niemals sei es meiner Herrin leid,
Reit und frag ich um in fremdem Land
   Nach der Frauen Wert und Lieblichkeit –
Ihrer sind gar manche mir bekannt,
   Tugendsam und schön dazu!
   Doch es gibt nicht eine,
   Große nicht noch kleine,
Die durch Sprödigkeit mir wehe tu!


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