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143. Ohren melcker

DWb 7,1257: »Schmeichler, Fuchsschwänzer«. – Wa III 1137, vgl. III 1129 Ohr 118f. 145, 198, 276. Egenolf 15 a Die Ohren melcken. Os sublinere. Tappius 47 Demulcere caput pro blandiri; die ohren melcken. SZ 12 Die oren lassen mellken.

Wer myr frindtlich melkt eyn or
Und sagt myr, das ich hab schon hor,
Und sagt myr alsz, das ich gern here,
Der kan der oren melker lere.

Das hierzu gehörige Bild stellt einen kahlköpfigen sitzenden Mann dar, dessen Ohren ein hinter ihm stehender Kriegsmann zu melken scheint. Er hält auch das Handfäßchen nach Art der wirklichen Melker zur Aufnahme der Milch bereit. Dadurch wird angedeutet, daß man Vortheil durch das Ohrenmelken erwartet.

Ähnlich NB 91,1 ff.
Oren melcken ist ein Kunst,
Die manchem bringt vor herren gunst
Der so vil drusz ermolcken hat
Dasz er sich miessig gondts begat u.s.w.

Auf dem Bilde melken zwei Narren mit Milcheimern den Kaiser an beiden Ohren. Auf diese Stelle Murners spielt an P. Gengenbach, Novella, S. 290, V. 1056

Du hast by allen dinen tagen
Die narren grosz vnd klein beschworen
Und schelmen gmolcken by den oren.

Es sieht aus, als hätte auch Luther das Bild gekannt, wenn er Seidemann, Lauterbachs Tageb. S. 112 spricht ›cum singultu‹: Der Keiser lest sich melcken wie ein Memm; qui olim fuit fortunatissimus, nunc infelicissimus. Vgl. auch 38,401 Da gings bei Hofe: Ach dasz den Buben die Pestilenz, Veits Tanz und alle Flüche bestehen; sonderlich wenn es der König oder seine Ohrenmelker höreten. 39,274 wo eitel Gnade da ist, und der Furst sich einen jeden melken und auf dem Maule trumpeln lässt ... so wird das Land voll böser Buben. 39,342 wo ein Furst sich sollt wissentlich so schendlich lassen melken, da ers wohl wehren könnte, das wär ein böses Spiel ... Es ist ohn dem zu viel, das sich ein Furst wohl musz lassen heimlich melken und die Milch stehlen, das er nicht wehren kann.

*


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