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Die Kartoffel wurde zur Zeit der Entdeckung Amerikas von Chile, ihrer Heimat, wo sie noch jetzt wild wächst, bis nach Neu-Granada kultiviert, während sie im Osten Südamerikas und in Mexiko unbekannt war. Die Spanier brachten sie zuerst nach Europa; 1585 oder 1586 wurde sie von Virginien, welches sie aus Südamerika erhalten hatte, nach Irland eingeführt, welches bis auf den heutigen Tag die meisten Kartoffeln konsumiert – freilich nicht alle in fester Form. Von hier aus trat sie ihren Siegeszug durch die Kulturstaaten der alten Welt an, anfangs langsam; denn noch zwei Jahrhunderte nach ihrer Einführung widersetzten sich die Bauern in vielen Gegenden ihrem Anbau, und Francis Drake ist sicherlich nicht ihr einziger Anwalt und Vorkämpfer gewesen. Heute aber verhalten sich wohl nur noch die Chinesen trotz ihrer periodischen Hungersnöte ablehnend gegen das nützliche Knollengewächs.
Die Kartoffel ist eine prosaische, sparsame Hausmutter, und dieser Eigenschaft verdankt sie unser Wohlwollen. Die Knollen, gleich den Trüffeln (italienisch taratoffuli, woraus wahrscheinlich der Name entstand) unterirdisch angelegt, sind das Ergebnis dieser hausmütterlichen Sparsamkeit. An dem unterirdischen Teile des Stengels entstehen in den Achseln kleiner Schuppenblätter fadenförmige, horizontal wachsende unterirdische Sprosse (nicht Wurzeln!), die sich durch Erzeugung kleiner Schuppenblätter als Stengelgebilde ausweisen und schließlich am Ende durch lebhaftes Dickenwachstum die Kartoffelknolle erzeugen. Verhindert man durch Abschneiden der unterirdischen Sprosse die Bildung der Knollen, so wandern die hierfür bestimmten Stoffe in die Achselknospen der oberirdischen Laubblätter, bewirken hier eine Verdickung der Achsenteile, die zugleich kurz bleiben und verkümmerte Blättchen treiben, und wir erleben die Bildung oberirdischer Kartoffeln. Für die Pflanze selbst sind die Knollen ein Mittel zu vegetativer Ausbreitung. Nach halbjähriger Ruhepause entwickeln sich aus ihren Sproßanlagen, den sogenannten Augen, oberirdische grüne Triebe, und die Knolle selbst geht zu Grunde.
Die in wickelförmiger Anordnung stehenden Kartoffelblüten bestehen aus einem verwachsenblättrigen Kelch, einer radförmigen, geruch- und honiglosen Krone, in deren Mitte der eiförmige Fruchtknoten mit dem Griffel steht, und fünf Staubblättern, welche den Griffel umringen. Sie entlassen den Pollen aus den wie angenagt aussehenden Spitzen der Antheren. Unsere einheimischen Insekten zeigen seine große Vorliebe für die Blüten, welche sich nachmittags zusammenfalten und durch Krümmen der Blütenstiele während der Nacht in gestürzter Lage hängen. Bricht der Morgen an, so strecken sich die Stiele und die Kronen breiten sich wieder aus. Durch diese Bewegungen der Blüte kann Selbstbestäubung herbeigeführt werden. Die kirschgroßen, grünlichen, zweifächerigen Beerenfrüchte enthalten zahlreiche, nierenförmige Samen.
Der schwarze Nachtschatten ist, abgesehen von der Blattform, der Kartoffelstaude ziemlich ähnlich, jedoch in allen Teilen bedeutend kleiner. Auch an seinen kleinen weißen Blüten habe ich trotz langjährigen Beobachtens niemals einen Besucher gesehen. – Die Blüten dieser beiden sowie anderer Nachtschattengewächse haben einen intensiv bitteren Geschmack, der von der Anwesenheit eines Giftstoffes, des Solanin, herrührt. Derselbe erfüllt das Gewebe der jugendlichen Pflanze sehr reichlich, beschränkt sich aber bei älteren auf die äußeren Zellschichten. In den Blütenknospen nimmt der Solaningehalt wieder zu und sammelt sich besonders in den Staubfäden, den Antherenwänden, der unreifen Frucht. Das Solanin übernimmt die Rolle eines Schutzmittels der Pflanzen gegen Tierfraß und thut als solches stets seine Wirkung, ausgenommen beim Coloradokäfer und bei der Raupe des Totenkopfes, die auf dem Laube der Kartoffel ungestraft die größten Verwüstungen anrichten.
Nachtschattengewächse, Solanaceen. Kl. V. Nachtschatten . Juli bis Oktober. H. 0,30 – 1,00 m; Kartoffel ., Juli, August. H. 0,50 – 0,60 m.