Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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133. An Unzelmann

Den 16. Mertz 1788.

O! Täuschen Sie mich nicht wieder! O! Blasen Sie nicht den todten Funken wieder an – überlassen Sie mich lieber meinem Gram der eine solche Höhe erstiegen hat wo schwerlich was drüber geht. – Bey einem Gewitter verkündigt doch der Donner die annäherung des Blitzes – aber hie war Blitz und schlag so eins, daß michs ewig wundern wird – daß mich meine Lebensgeister nicht den Augenblick alle verließen. Ich weiß warrlich nicht, ob ich nach so vielen vorhergegangenen Täuschungen, fehlgeschlagenen Erwartungen, mein Hertz der Hoffnung die mich so offte, so unendlich offte hintergangen hat, ob ich dieser Betrügerin es je wieder öffnen soll: oder ob es nicht besser ist sie gantz zurück zu weißen, keinen strahl davon mehr in die Seele kommen lassen – und mein voriges Pflantzenleben wieder anzufangen – ich sage es noch einmahl – ich weiß es nicht. Die Quall die ich jetzt leide, ist unaussprechlich – da begegnen mir auf allen Ecken von dem verwünschten Volk, und machen jede Rückerinnerung neu, reißen durch ihren Basilisken Blick jede Wunde auf – suchen und spähen ob in meinen Augen Traurigkeit wahrzunehmen ist – um vielleicht daran ein gaudium zu haben – und wenn ich an die Messe denke auf die ich mich sonst so kindisch freute, wie das großmaul die St. mit Schadenfreude auf mich bliken wird – und ich mich in dem punct so wenig verstellen kan; so weiß ich nicht was ich thun oder lassen soll. – Aber eins weiß ich – das Otterngezüchte soll aus meinem Hauß verbant seyn, kein Tropfen Tyrannenblut soll über ihre Zungen kommen – keine Hand will ich ihnen zur Ehre, oder zur Ermunterung rühren – kurtz allen Schabernak den ich ihnen anthun kann – will ich mit Freuden thun – räsonniren will ich, Bürgers Frau Schnips soll ein Kind gegen mir seyn – denn Luft muß ich haben sonst ersticke ich – unterstehen Sie Sich nicht noch einmahl die F. meine Freundin zu nennen – das ist prostution vor mich – sie war es nie wird nie werden – ich bin mit meiner Freundschaft nicht so freygebig es haben gantz andre Leute als solch eine darum gebuhlt und sind in gnaden fortgeschickt worden. Das mir so gütigst mitgetheilte Geheimniß werde wie einen kostbahren anvertrauten Schatz bewahren – kein Mensch auch selbst der Toffel nicht soll es erfahren – vor mich soll es nicht sowohl Hoffnung |: den mit der bin ich entzweyt :| sondern eine art von Luscher seyn. Vor Ihrem herkommen fürchte ich mich – Sie können leicht begreifen warum!!! Morgen lasse ich Brandbriefe an all meine saumseelige Schuldner ergehen – und dann wird Ihrer gedenken

Ihre
Elisabeth.

N. S. An die Frau Gevatterin meinen freundlichen Gruß.


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