Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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204. An Goethe

den 23ten Decemb. 1793

Lieber Sohn! Alles was ich dir zu gefallen thun kan, geschieht gern und macht mir selbst Freude – aber eine solche infame Mordmaschine zu kaufen – das thue ich um keinen preiß – wäre ich Obrigkeit die Verfertiger hätten an Halseißen gemußt – und die Maschine hätte ich durch den Schinder offendtlich verbrennen laßen – was! die Jugendt mit so etwas abscheuliches spielen zu laßen – ihnen Mord und Blutvergießen als einen Zeitvertreib in die Hände geben – nein da wird nichts draus. Hirbey kommt ein stück von unserm Anzeigblättgen da sehe und sey Stoltz daß du ein Franckfurter Burger bist. Wöchendtlich sind schon 3000 f beysammen die jede Woche biß zum ersten Mertz vor Lebens mittel vor unsere Brüder die Braven Deuschen bestimmt sind. Das heiße ich doch deusches Blut in den Adern haben. Unsere Kaufmans Söhne aus den ersten Häußern – tragen alle Unniformen und sind mit den geringsten Schuster und Schneider einverstanden ihrer Vaterstadt im fall der Noth beyzustehn – unsere Brave Sachsenhäußer sind aufs Quartir amt gegangen – und haben gebethen wann Truppen zum Einquartiren kämen; so möchte mann sie ihnen geben. Leute die ein stübgen – und gröstentheils unbemittelt sind – unsere Metzger haben fast keine Hembter mehr – sie haben sie alle in die Hostpitäler getragen – und das alles aus gutem Hertzen und freyem Willen – es ist niemand eingefallen ihnen so was zuzumuthen – nun verwunder mann sich noch daß Franckfurth reich wird – grünt und blüht – Gott muß ja das belohnen! Jetzt genung von meinen braven Landsleuten – wogegen sich alle andre Reichs-städte verkriechen müßen. Die Schachtel mit dem langen Brief und dem bon bon wirst du nun haben. Lebe wohl! Ich bin

deine treue deusche Mutter
Goethe.

N. S. Sage Götzen was der Heilige Christ nicht gethan hätte, sollte der Neujahrsmann thun – vor Spielsachen – sonst brächte der Heilige Christ nichts – da wäre er zu groß.

Kaum hatte ich meinem Vaterländischen pradiodißmuß Luft gemacht, als dein Lieber Brief ankam, auf den ich mit ein paar Worte noch antworten will. Daß große Freude über die Rückkunft des durchlauchtigsten Herzogs bey Euch allen ist, das ist nun kein Wunder – da sich gantz Franckfurth freute ihn wieder gesund und wohl zu sehen – Ich war leider dißmahl nicht so glücklich. Ich hoffe doch nicht daß ich in Ungenade bin, das wäre mir unerträglich – auch wüßte ich nicht wodurch ichs verschuldet hätte. Daß meine Printzessinnen meiner gedacht haben freut mich – daß es Ihnen wohl und glücklich gehen mögte ist mein heisester Wunsch. Du wirst Stocks eine große Freude mit den Fächern bereiten – vor die Mühe dancke einstweilen – aber Sie verdienen auch, den Stock gibt sich viele Mühe mit meinem treiben und verkaufen – und ist ein treuer und verschwiegner Rathgeber. Daß Gerning froh und frölig ist, das glaub ich gern – Seine Mutter besuchte mich gestern – und empfahl ihn auf beste deiner Freundschaft. Daß der gute Bode todt – thut mir leid – wir haben manchen Spaß miteinander gehabt – Herrn Crunelius werde sogleich bezahlen – und wegen dem schuldig seyn sey ohne Sorgen – ich bin dir laut meines Versprechens mehr schuldig als du mir – aber mein Brief den du jetzt in Händen hast, wird dich über alles belehrt haben. Noch einmahl Lebe wohl!


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