Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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141. An Unzelmann

Dinstags den 27ten May 1788.

Lieber Freund!

Es ist ein großer Fehler an mir, daß ich mehr an die Vergangne Zeit als an die gegenwärtige denke, und daß ich mir die Ideen, Träume und Mährgen die ich mir mit Ihnen in Kopf gesetzt hatte, noch nicht gantz aus dem Gedächtnüß tilgen kan – aus dieser trüben Quelle sind auch noch meine zwey letzten Briefe geflossen – aber ich verspreche Ihnen hiemit feyerlich ins künftige alle Jeremiaden aus meinen Briefen zu verbannen zumahl da Ihnen Ihre Feinde anstatt böses, gutes gethan, und Sie ins Glück hinein getrieben haben – Eine solche Ehre hätten Sie und die Frau Gevatterin hir nicht erlebt, und wenn ihr wie die Engel gespielt hättet – das Königliche Hauß ließe sich bedanken! Das hätte hir der Burgemeister nicht gethan – überhaupt scheint mirs daß Berlin der Ort ist wo Sie endlich einmahl glücklich seyn werden – Ich bitte Ihnen daher um alles was Sie lieben und Ihnen werth ist, stoßen Sie dieses Glück nicht wieder von sich – Das Schicksahl ist nicht immer so gut gelaunt, daß wenn eine Thür sich schließt, es gleich wieder eine aufthut – mein Trost wird dann doch immer seyn – daß ich doch den Grundstein gelegt habe – worauf nun andre, größre, und geschicktere Baumeister fortbauen mögen – Diese kleine Eitelkeit werden Sie mir nicht übel nehmen – denn sie macht mich glücklich. Mit den überschickten Rechnungen hat es diese Bewandnüß – den Tag nach Ihrer Abreiße schickte mir Ihr Haußherr Boot dieselben zu, mit Bitte sie Ihnen nach zu senden – In Ihrem Abschieds Schreiben ersuchten Sie mich einiges zu bezahlen – also schickte ich in die Engelapoteke 12 f dem Schußter Brabant 11 f und ein paar Stiefel – Dem Schußter Lehr vor ein paar atlaßne Schu vor die Frau Gevatterin 2 f 24. Herrn Scheidel vor Band vor ebendieselbe 1 f 40 xr. Dieses habe nun bey den Rechnungen mit dem Ausdruck bezahlt sagen wollen – Die Handschrieft ist vermuthlich von Herrn Boot – Die Apoteker Rechnung ist deßwegen nicht angemerkt, weil ich sie schon früh Morgens bezahlen ließ – und er also nicht nöthig hatte in Ihr Quartier zuschicken. Lieber Freund! Sie haben vermuthlich vergessen daß ich auf Bitten und gleichsam auf Caution von Freund Heinrich meinen Credit verwendet habe um 76 Louidor zu Ihrer Reise aufzutreiben, diese müßen im Julius bezahlt seyn – den meine Ehre und gegebenes Wort geht mir über alles – ich kan und werde mich also in nichts neues von der art einlaßen. Mit den Strümpfen der Bethmann war es spaß, ich habe sogleich zwey paar neue davor hingeschickt – von der möchte ich nun eben nichts geschenkt haben. Viermahl haben wir hier die Woche Schauspiel es geht wies kan – mir ists jetzt so gleichviel ob sie den Hanßwurst im Schlafrock oder den Don Carlos spielen – aber ich muß auch nicht unbillig seyn wenn mann 12 Jahr ein Steckpferd geritten hat so kan auch einmahl ein anders seinen platz einnehmen – in der Welt bleibt ja nichts ewig an seinem fleck. Wir sollen ja das Glück haben Ihren guten König zu sehen – den muß ich mir doch auch beschauen – das verdient doch eine Fahrt nach Hanau! Grüßen Sie die Frau Gevatterin und sagen Ihr, Sie sey eine plitz Hexe im Verdrängen – Die armen Theaterdamen! Doch können sie sich damit trösten – daß dieses Mißgeschick ihnen nicht allein wiederfahren ist, sondern daß sie Gesellschaft haben, an gewissen Persohnen, die das nehmliche erfahren und sich auch drein ergeben müßen. Leben Sie wohl, vergnügt und glücklich! Vergessen aber in Der Prächtigen Königs Stadt das arme Frankfurth nicht ganz und gar – sondern denken zuweilen an Ihre Freunde besonders an diejenige die sich nent

Elisabeth.


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