Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

209. An Goethe

den 9ten Merz 1794

Lieber Sohn! Hir kommt das Türckische Korn wünsche daß es wohl gerathen und gedeihen mögte. Ich habe so ein drängen so ein treiben in meinem inneren – die Gedancken und Ideen jagen sich so untereinander – wie die Knaben wenn sie Jägers spielen! Sie dir alle zu erzählen würde mich im Schreiben, dich im Lesen ermüden – 14 Tage erwarte ich schon einen braven von Freund Stock mir vorgeschlagenen Werckmeister – der mein Wohnhauß von untenan, biß oben aus besichtigen und aldenn sagen soll was es ungefähr werth seye – ehe das geschehen ist – habe ich keine feste Gewißheit im fordern – 20000 f hat es der Vater mit sambt den Möbeln ehedem geschätzt – wollen hören was der Mann sagen wird – ja wenn die Ohnehoßen wieder zu Hauße wären – das wäre freylich ein ander Ding – Verschleudern thue ich es nun gewiß nicht – und den gantzen Verlauf solst du erfahren – die Gebrüder Thurneißen haben das große Hauß dem Braunenfelß gegenüber das dem Adlichen Hauß Frauenstein gehört – gantz |: der Meßläden wegen:| gemithet – Thurneiß hat mir eine Wohnung darinnen angebothen – ich liebe aber die Lage nicht – der Roßmarck oder die Gegend der Hauptwache muß es seyn – So eine art von Hoffnung habe ich – in dieser mir so sehr am Hertzen liegende Gegend meine noch übrigen Tage zu verleben – aber die Sache ist noch im brühen – und nicht gantz klahr – Summa Summarum es ist eben noch nichts im klahren – müßen es mit Gedult erwarten – biß sichs aufklährt. Übrigens befinde ich mich wohl – habe biß auf den heutigen Tag – meinen alten krancken Obersten noch im Hauß müßen eben froh seyn daß es nicht ärger ist – doch mir gefallen so wenig wie dem Eulenspiegel die großen Glücksfälle – wenn mann ein Bein bricht – ists ein großes Glück – das es der Hals nicht war u. s. w. Lebe wohl! Ich schreibe bei Licht – und das amusirt mich nicht – bald ein mehreres von deiner

treuen Mutter.

N. S. muß auch noch Nachtlichter vor heute – vor den krancken Hermann machen.


 << zurück weiter >>