Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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233. An Goethe

den 24ten Augst 1795

Lieber Sohn!

Schon längst hätte ich dir eine Beschreibung meines Aus und Einzugs überschickt – aber ich wollte erst deine Rückkehr nach Weimar abwarthen – Gott sey Danck! der dir das Carlsbad so wohl hat gedeihen laßen – auch freuts mich, daß ich etwas dazu habe beytragen können. Die Lüster wirst du wohl erhalten haben? auch ist ein Fuhrmann unterwegs der dir 12 Bouteillien vom alten Tyrannen Blut – und 6 ditto von verschiedenen Sorten |: wovon der Preiß hir bey kommt :| von Herrn Blum der unser Hauß gekauft hat überbringt – solte bey Hoff oder in der Stadt sich jemandt finden dem er behagte; so solte mir es lieb seyn. Ehe ich zu meiner Erzehlung schreite muß ich dir noch innliegenden Brief vom Herrn Schöf von Holtzhaußen und seine Bitte wegen des armen Menschen ans Hertz legen – wenn du was |: woran ich nicht zweifle :| dazu beytragen kanst wirst du es gewiß thun. Dein Ruhm und Nahme wird dadurch bey deinen Landsleuten noch erhöht und bekömt einen neuen glantz – du kenst ja die Herrn Profeßoren – und weißt die Wege die mann um so etwas zu erlangen einschlagen muß – im October wird der arme junge erscheinen. Schon 6 Wochen wohne ich in meinem neuen Quartir – mein Aus und Einzug ging so glücklich von statten, daß ich wenig oder gar keine Ungemächlichkeit davon empfunden habe – zwey Preußische Soldaten haben mir alles hin getragen – weder Schreiner noch Fuhrwerck habe ich nöthig gehabt und nicht das mindeste ist beschädigt worden. Freuen wirst du dich wenn du einmahl herkomst – wenn du mein niedliches logiegen sehen wirst. Eingerichtet bin ich gantz exelentz – ich habe gerade so viel als ich brauche – 3 gar schöne Stuben in einer reihe, eine von 4 Fenster die auch wohl einen Saal vorstellen könte ist so lange mann noch nicht einzuheitzen braucht, meine Wohn und Besuch Zimmer – die zweyte von 3 Fenster ist mein Schlafzimer – die von zwey Fenster haben meine zwey Mägde – ich habe letztere so hübsch eingerichtet daß wann ich die Freude habe, dich bey mir zu sehen – es dein Zimer wird – meine Leute will ich schon Hintenaus verstecken – Ferner ist ein schöner geräumiger Vorplatz hinter den Zimmern wo alle meine Schräncke stehn – eine schöne helle Küche – alles auf einem Platz auch noch Speißekamer – Holtzplatz – so daß ich die Treppe nicht zu steigen brauche, als wenn ich ausgehe – das ist das innre – aber nun die Aussicht – da ists ohne allen streit das erste Hauß in Franckfurth – die Hauptwache gantz nahe – die Zeil da sehe ich biß an Darmstädter Hof – alles was der Catharinenporte hinein und heraus kommt so mit der Bockenheimerstraße u.s.w. und denn das jetzige Soldaten weßen! So eben werden die Anspacher auf dem Paradeplatz gestelt – um 11 uhr die Wachtparade mit treflicher Kriegerischer Musick alles an mir vorbey – und Sontags wenn die Catharinenkirche aus ist – und die Wachtparade dazu kommt so siehts auf dem großen Platz aus wie am Krönungstag – sogar an Regentagen ist es lustig die vielen hundtert Paraplü vormiren ein so buntes tach – das lustig anzuschauen ist – ich muß dir auch noch sagen wie ichs mit der Einquartirung habe – das Hauß ist auf gemeine eingeschrieben jetzt hat es 4 Mann vom Regiment Taden – 2 hat der Haußherr – die andern 2 haben wir nehmlich Herr Bernus – Frau Rittern und ich – Frau Rittern gibt die Stube, Bettung – ich gebe täglich dem einen vor Kost 8 xr Herr Bernus dem andern ebenfals 8 xr – weiter hören und sehen wir von ihnen nichts und bleiben im übrigen ruhig. Ich bin mit einem Wort sehr vergnügt – bereue meinen Tausch gantz und gar nicht und dancke dir noch vielmahls daß du mich auf den guten Gedancken gebracht hast. Nun ich weiß daß du wieder in Weimar bist, soll auch der Judenkram bald erscheinen – das beste davon sind zwey Neßeltüchern Kleider wovon das eine recht hübsch ist – sage aber noch nichts davon – damit es mehr Spaß macht. Den Brief habe bestelt – Gerning grüßt dich – Noch etwas! Ich habe von meinen Möbel die ich nicht mitnehmen konte noch wolte einen Ausruf im alten Hauß gehalten – was draus gelößt worden weiß ich noch nicht – ich hoffe doch so viel um die Tapeten im neuem Hauß umsonst zu haben. Jetzt lebe wohl! Auf die Fortsetzung des Romans freue mich sehr. Grüße alles

Von
deiner treuen Mutter
Goethe.


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